Bern goes Bologna
Der Fahrplan steht: Spätestens in drei Jahren werden an der Uni Bern in fast allen Studiengängen Bachelor und Master ausgebildet. Um über die praktische Umsetzung der Bologna-Reform zu informieren, rief die Unileitung Dekane, Dekanatsleiter und Dozierende zusammen.
Wenn Jus-Studierende die «Übungen im Strafrecht» an der Uni Bern erfolgreich hinter sich gebracht haben, dürfen sie vier ECTS-Punkte für sich verbuchen. ECTS steht für Europäisches Kredittransfersystem. Die ECTS-Punkte sind die Währung im Studium nach der Bologna-Reform. Sie werden in 29 europäischen Staaten vergeben. Jeder Studierende muss während des Bachelor-Studiums 180 ECTS-Punkte erwerben; will er danach mit einem Master abschliessen, braucht er 120 beziehungsweise 90 Punkte mehr. Generell gilt: Einen ECTS-Punkt gibt es für 25 bis 30 Arbeitsstunden. Pro Studienjahr sollten 60 ECTS-Punkte gesammelt werden.
In Bern studieren neben den angehenden Juristen bereits die künftigen Betriebs- und Volkswirte nach dem neuen System. In spätestens drei Jahren sollen alle Fakultäten ausser den beiden medizinischen die Reform hinter sich gebracht haben. Die Unileitung informierte am 12. November 2004 Dekane, Dekanatsleiter, Dozierende und Vertreter der StudentInnenschaft (SUB), wie die Bologna-Deklaration in Bern umzusetzen ist.
Eine zweistündige Vorlesung bringt drei bis vier ECTS-Punkte.
Flexibles Angebot für selbst bestimmtes Studium
Mit der Bologna-Reform sollen zum einen die Studierenden einfacher als zuvor zwischen den Universitäten im In- wie im Ausland wechseln können. Zum anderen sollen die Studiengänge flexibler werden. «Wir wollen das Studium nicht verschulen», sagte Gunter Stephan, Vizerektor Lehre, an der Info-Veranstaltung. Zu diesem Zweck müssen die Dozierenden ein flexibles Angebot schaffen und über Instituts-, Fakultäts- und teils auch über Universitätsgrenzen hinweg zusammenarbeiten. Die Studierenden können sich aus dem Angebot ihr persönliches Studium zusammenstellen. Die Gestaltungsfreiheit habe allerdings ihre Grenzen, so Stephan. Denn das Studium müsse mit vertretbarem Aufwand verwaltbar sein.
Auf ECTS-Punkte-Jagd
Die Unileitung hat deshalb Mindestanforderungen formuliert, die jeder Fakultät beim Reformieren die Rahmenbedingungen vorgeben: So lassen sich die 180 geforderten ECTS-Punkte für den Bachelor in unterschiedlicher Weise auf Hauptfach, Nebenfach und Ergänzungsfach verteilen. Die Punkte für den Master können die Studierenden allein im Hauptfach oder in Kombination mit einem Nebenfach sammeln. Die verschiedenen Verteilungsschlüssel legt die Unileitung fest, die Fakultäten wählen die für sie beste Variante. Generell muss in jeder Veranstaltung die Leistung kontrolliert und benotet (Notenskala von eins bis sechs) werden. «Sie können keine ECTS-Punkte vergeben, nur weil jemand da war», führte Stephan aus. Zu jedem Studium gehört eine Bachelor- oder eine Masterarbeit, die mit 10 beziehungsweise mit 20, 30 oder 60 ECTS-Punkten honoriert wird. Eine abschliessende Prüfung ist nicht mehr Pflicht, sie kann aber nach wie vor durchgeführt werden. ECTS-Punkte gibt es dafür jedoch nicht.
Ein Reglement pro Fakultät, ein Studienplan pro Studiengang
Wann ein Studium als bestanden gilt, bestimmen die Fakultäten. Sie legen etwa fest, ob die Mindestnote «vier» bei jeder Leistungskontrolle erbracht werden muss oder ob Noten auch kumulierbar und damit kompensierbar sind. Solche Regelungen werden im Studien-/Prüfungsreglement (RSP) niedergeschrieben. Pro Fakultät gibt es ein RSP. Prüfungsmodalitäten, die Struktur des Bachelor- und Masterstudiums sowie die Modalitäten zum Übertritt ins reformierte Studium für Diplom- und Lizentiatsstudenten werden ebenfalls im RSP definiert. Im Gegensatz zum RSP kümmert sich der Studienplan, von dem es pro Studiengang einen gibt, um die Inhalte. Dort ist etwa festgelegt, wie sich das Studium gliedert und welche Neben- und Ergänzungsfächer belegt werden dürfen.
Bernhard Kramer von der Unileitung ist zuversichtlich, dass ePUB die Verwaltung der Daten langfristig erleichtert. (Bild: Sabine Olff)
«Es kommt viel auf Sie zu»
So weit, so gut. Doch ist die Bologna-Reform wirklich «mit vertretbarem Aufwand zu verwalten», wie Stephan forderte? Die Unileitung ist zuversichtlich, die Zuhörer bei der Info-Veranstaltung waren es weniger. Mit der zentralen elektronischen Prüfungsadministration «ePUB» will man die Datenflut in den Griff bekommen. Jeder Studiengang wird in ePUB neu angelegt. Die Fächerkombinationen jedes Studierenden, Prüfungstermine und -ergebnisse müssen von den Fachbereichen online eingegeben werden. Pro Jahr erwartet Bernhard Kramer vom Stab der Unileitung allein 150'000 Prüfungsdaten. Die Studierenden sollen ihre Soll-Haben-Rechnung zu Prüfungsleistungen im Web jederzeit aktuell abrufen können. Ein stolzes Vorhaben, wie Kramer vor den Anwesenden gestand. «Es kommt viel auf Sie zu», sagte er, aber langfristig werde ePUB die Prüfungsverwaltung erleichtern.