Zwei Mal «die Beste»

Die Jury konnte und wollte sich nicht entscheiden. Somit vergab sie den ersten Preis beim Berner Forschungsreportagen-Wettbewerb 2004 gleich zwei Mal: Er ging an den Philologen Alfred Stückelberger und an den Veterinärmediziner Urs Schatzmann.

Von Beatrice Michel 09. November 2004

Die ersten Tage nach der Geburt haben es für männliche Ferkel meist in sich: Die Züchter kastrieren sie – ohne Betäubung. Laut Tierschutzverordnung sind Kastrationen von Nutztieren ohne schmerzlindernde Mittel nicht erlaubt. Einzig bei Schweinen macht das Gesetz eine Ausnahme. In fünf Jahren soll jedoch die Entfernung der Hoden auch für Ferkel möglichst schmerzfrei sein. Die Methoden dafür gibt es schon jetzt. So haben etwa Urs Schatzmann und sein Team vom Department für Veterinärmedizin an der Vetsuisse-Fakultät der Uni Bern eine einfache, sichere und kostengünstige Narkosemethode für neugeborene Ferkel entwickelt. Eine Reportage über das Projekt, verfasst von Professor Schatzmann, räumte beim diesjährigen Forschungsreportagen-Wettbewerb der Berner Universitätsgesellschaft (BUG) den ersten Preis ab. Ihr Titel: «Ferkel müssten nicht leiden.»


Die Preisträger v.l.n.r.: Jean-Paul Schmid, Aurelius Omlin, Urs Schatzmann, Alfred Stückelberger mit seinen Mitarbeitern Florian Mittenhuber und Kurt Keller. (Bild: Beatrice Michel)

Reportage über das Ptolemaios-Projekt

Schatzmann ist jedoch nicht der einzige Schreiberling, der nach Meinung der Jury die beste Reportage zu Papier gebracht hat. Auch der Artikel von Alfred Stückelberger, Professor am Institut für Klassische Philologie der Uni Bern, und seinen Mitarbeitern landete auf Platz eins. Die Reportage handelt vom Ptolemaios-Projekt. Der Grieche Klaudios Ptolemaios lebte im 2. Jahrhundert nach Christus und war der bedeutendste Wissenschaftler aus Alexandria. Ptolemaios verfasste unter anderem ein «Handbuch der Geografie», in dem er das ganze geografische Wissen der Antike zusammenstellte. Die Berner Forscher wollen dieses Werk in einer zweisprachigen Ausgabe nun vollständig neu herausgegeben. Zu diesem Zweck vergleichen sie verschiedene Abschriften des «Handbuchs der Geografie» miteinander. Eine davon stammt aus dem 13. Jahrhundert und lagert im Topkapi-Museum in Istanbul. Die Pergamenthandschrift befand sich bereits in Berner Händen. «Selbst für Routiniers ein eindrückliches Erlebnis», wie Stückelberger in seiner preisgekrönten Reportage «Der alte Ptolemaios in neuem Licht» schreibt.

Interessant, originell und verständlich

Die Preisverleihung zum Forschungsreportagen-Wettbewerb fand am 8. November im Rahmen der Generalversammlung der BUG statt. Erstmalig in der mehr als 20-jährigen Geschichte des Wettbewerbs wurde der mit 4000 Franken dotierte erste Preis zwei Mal vergeben. Auf Rang zwei landete die Reportage von Aurelius Omlin, Assistenzarzt an der Poliklinik für Radio-Onkologie des Berner Inselspitals, über eine neue Behandlungsmethode bei Prostatakrebs. Der dritte Preis ging an Jean-Paul Schmid, Oberarzt an der Abteilung kardiovaskuläre Prävention und Rehabilitation des Inselspitals. Er ging der Frage nach, ob Patienten mit Herzproblemen einen Aufenthalt in den Bergen gut verkraften können. Insgesamt wurden 15 Arbeiten im Wettbewerb berücksichtigt. Die eingereichten Artikel sollten für die Öffentlichkeit von Interesse, originell und verständlich sein. Die Forschungsreportagen gibt es Mitte Dezember im Wissenschaftsmagazin der Uni Bern «Unipress» zu lesen.