EU-Projekt erstmals von Bern aus koordiniert

George Thalmann will die Diagnose- und Therapieverfahren bei Prostatakrebs verbessern. Dies nimmt er nun in einem von der EU finanzierten internationalen Projekt federführend in Angriff. Thalmann ist damit der erste Wissenschaftler an der Uni Bern, der ein EU-Projekt koordiniert.

Von Sabine Olff 17. Oktober 2005

Die bilateralen Verträge I haben auch für die Schweizer Forscherwelt einen entscheidenden Vorteil gebracht: Seit 1. Januar 2004 ist die Schweiz am 6. Rahmenprogramm für Forschung und Entwicklung der Europäischen Union voll beteiligt. Damit fliessen EU-Gelder auch in die Schweiz. Zudem können Schweizer Wissenschaftler die Koordination von EU-Projekten übernehmen.

Foto von GEorge Thalmann am Arbeitsplatz
George Thalmann ist Chefarzt an der Klinik und Poliklinik für Urologie am Inselspital Bern. Bilder: bm

Vier Millionen Euro Fördersumme

Der Urologe George Thalmann ist der erste Forscher, der die Fäden für ein von der EU finanziertes Projekt von Bern aus zieht. In seinem Forschungsvorhaben mit dem Namen PROMET (Prostate cancer molecular-oriented detection and treatment of minimal residual disease) will Thalmann die Diagnose- und Therapieverfahren bei Prostatakrebs verbessern. Am Projekt sind neben dem Berner Inselspital und dem Department für Klinische Forschung (DKF) die klinischen Zentren von Lyon (Frankreich), Sheffield (Grossbritannien) und Leiden (Niederlande) beteiligt. Ausserdem arbeitet Thalmann mit Martin Frenz vom Institut für angewandte Physik der Uni Bern zusammen. Darüber hinaus bestehen Kooperationen mit verschiedenen Unternehmen aus dem Bereich Medizintechnik. Insgesamt fördert die EU das dreijährige Projekt mit mehr als vier Millionen Euro.

Minimetastasen detektieren und zerstören

Die Inhalte des Projekts spiegeln den Trend der Krebsforschung wieder: Mikrometastasen, also winzige Ableger des ursprünglichen Tumors, sollen so früh und so gezielt wie möglich entdeckt und behandelt werden. In der EU erkranken jährlich mehr als 200 000 Männer an Prostatakrebs. Ist der Tumor auf das Organ begrenzt, sind die Heilungschancen gut. Minimetastasen können die Mediziner mit den heutigen Diagnosemethoden allerdings kaum dingfest machen. Und so kommt es bei rund 30 Prozent der Patienten, die nach derzeit gängiger Diagnostik an einem organbegrenzten Tumor gelitten haben, doch zu einer Metastase in den Lymphknoten oder in den Knochen.

Foto von Thalmann von der Seite
Im Rahmen von PROMET will Thalmann ein Diagnoseinstrument und ein Therapeutikum entwickeln.

Thalmann will den Prozess der Metastasenbildung besser verstehen lernen und jene bösartigen Zellen identifizieren, die am Anfang des Prozesses stehen. Letztlich soll ein Diagnoseinstrument und ein Therapeutikum entwickelt werden, mit Hilfe derer man die Zellen detektieren beziehungsweise zerstören kann. «Ob der Ansatz funktioniert, wollen wir abschliessend in einer Studie mit Prostatakrebspatienten überprüfen», erläutert Thalmann.

Unterstützung von Euresearch

Beim Verfassen des Projektantrags wurde Thalmann unter anderem von der Beratungsstelle «Euresearch Bern» unterstützt. Die Mitarbeiter von Euresearch informieren über die verschiedenen Förderprogramme der EU und sie geben Tipps worauf es beim Verfassen eines Antrags ankommt. Letztlich bereiten sie die Wissenschaftler auch auf die Vertragsverhandlungen in Brüssel vor. «Wir würden auch mit nach Brüssel kommen», sagt Mitarbeiterin Maddalena Tognola. Anträge und Anfragen gehen bei Euresearch jedoch nur zögerlich ein. Die Formalitäten schrecken die Wissenschaftler oft ab. «Der Papierkram ist aufwändig und anfänglich schwer durchschaubar», gesteht auch Thalmann. Mit gemeinsamen Kräften ist es jedoch zu schaffen.