Kinder an die Uni!
Die «Kinderuni Bern» geht ins zweite Semester: Vom 16. August bis 20. September 2005 werden die Acht- bis Zwölfjährigen von Berner Professoren in die Welt Albert Einsteins entführt. Einschreiben können sich die Kids schon jetzt.
Eltern müssen draussen bleiben. Auch wenn sie noch so gern erfahren würden, ob und wie das nun mit der Zeitmaschine funktioniert. Ihre acht bis zwölfjährigen Sprösslinge sind dagegen an der Berner Kinderuni herzlich willkommen. Direkt nach den Sommerferien, vom 16. August bis 20. September 2005, öffnet die Uni Bern zum zweiten Mal für Kinder ihre Hörsäle. Das Thema: die Welt der Physik.
Jeweils dienstagnachmittags wird sich ein Berner Professor der neugierigen Meute eine halbe Stunde stellen. Er wird beispielsweise erklären, warum man einen Lichtstrahl nicht einholen kann oder warum es sogar für Raumschiffe eine Geschwindigkeitsbegrenzung gibt. Die Akademiker wissen: das Publikum ist anspruchsvoll. Treffen sie den Nerv der Kinder nicht, werden sie mit Unaufmerksamkeit gestraft.
Ohne «Legi» kommt niemand rein. Der Studienausweis wird den Kindern nach der Anmeldung per Post zugestellt.
Neugierige Kinder treffen auf leidenschaftliche Forscher
Die Kinderunis boomen. Ursprünglich stammt die Idee aus der deutschen Bildungsbürgerstadt Tübingen. Im Sommer 2002 lockte die dortige Universität zusammen mit dem «Schwäbischen Tagblatt» die Jüngsten erstmals in die heiligen Hallen. Fern von Gedanken an den Pisa-Schock, der Deutschland noch heftiger erfasst hatte als die Schweiz, wollten zwei «Tagblatt»-Redaktoren den Nachwuchs einfach nur begeistern. Ihr Konzept: Neugierige Kinder treffen auf leidenschaftliche Forscher. Ein Schuss ins Schwarze. Über 5000 Kinder kamen pro Semester. Zur Vorlesungsreihe gibt es mittlerweile eine ganze Buchreihe. Das Modell Kinderuni wird europaweit übernommen.
Frontalunterricht nicht mehr gewöhnt
In Bern zieht Beatrice Michel von der Abteilung Kommunikation der Uni die Strippen. Sie blickt auf ein erfolgreiches erstes Semester zurück: Mehr als 1400 Kinder waren im Sommer 2004 eingeschrieben. Die Vorlesungen waren durchweg gut besucht. Allerdings fiel es manchen Kindern schwer eine halbe Stunde am Ball zu bleiben. «Frontalunterricht sind sie nicht mehr gewöhnt», sagt Michel.
Dennoch wurde am Grundkonzept nichts geändert. «Wenn die Professoren eine Show abziehen würden, bekämen die Kinder einen falschen Eindruck von der Uni.» Und genau darum geht es letztlich: Die Wissensvermittlung steht nicht im Vordergrund; vielmehr sollen sich die Kinder ein realistisches Bild von einer Universität machen können. «Vielleicht wecken wir beim ein oder anderen auch die Lust auf ein Studium», so die Projektleiterin.
Im ersten Semester der Berner Kinderuni bevölkerten insgesamt mehr als 1400 Kinder die Hörsäle. (Bild: Beatrice Michel)
Maloney auf Spurensuche in Bern
Ein bisschen Show gibt es beim Kinderuni-Rahmenprogramm, das in diesem Jahr zum ersten Mal stattfindet. Jeweils am Mittwochnachmittag können sich die Kinder beispielsweise auf einem theatralischen Stadtrundgang auf die Spuren des Jahrhundertgenies begeben oder sich im Kino einen Dokumentarfilm über den berühmten Physiker ansehen. Höhepunkt ist ein Einstein-Krimi, geschrieben von Roger Graf, dem Erfinder des Privatdetektivs Philip Maloney. Graf schickt seinen Detektiv exklusiv nach Bern auf Spurensuche. Das Hörspiel wird live von Maloney, alias Michael Schacht, aufgeführt.