Schnelltest für antibiotikaresistente Keime
Wenn Antibiotika versagen, haben sich die Krankheitserreger einen Abwehrmechanismus zugelegt. Um solche antibiotikaresistenten Bakterien sicher und schnell aufspüren zu können, haben Berner Wissenschaftler einen neuen Mikrochip entwickelt.
Antibiotika sollen Bakterien vernichten. Bei verschiedenen Bakterienstämmen können jedoch einzelne oder sogar mehrere Medikamente nichts mehr ausrichten. Denn die Keime sind mit bestimmten Genen ausgestattet, die die Präparate unwirksam machen. Die Bakterien sind resistent. Insbesondere in Krankenhäusern können die unempfindlichen Erreger gefährlich werden. Wenn sich beispielsweise ein schwer kranker Patient zusätzlich mit einem resistenten Bakterium infiziert, steht sein Leben auf dem Spiel. Um von Anfang an ein wirksames Antibiotikum einsetzen zu können, ist es wichtig, die so genannten Resistenzgene sicher und schnell zu identifizieren.

Mikrochip detektiert bis zu 90 Resistenzgene
Ein Team um Vincent Perreten und Joachim Frey vom Institut für Veterinäre Bakteriologie an der Universität Bern hat nun im Rahmen des Nationalen Forschungsprogramms «Antibiotikaresistenz» (NFP 49) einen Mikrochip für bestimmte Keime, die so genannten grampositiven Bakterien, entwickelt. Zu der Gruppe zählen etwa die Erreger von Lungeninfektion, Starrkrampf oder Blutvergiftung. Mit dem Chip können die Keime auf 90 Resistenzgene – und damit auf alle, die derzeit bekannt sind – getestet werden. Über das Testsystem, das weltweit einmalig ist, berichteten die Wissenschaftler kürzlich in der Fachzeitschrift «Journal of Clinical Microbiology» (Bd. 43. S. 2291, 2005).
Zusammen mit der deutschen Firma «Clondiag Chip Technologies» wollen die Berner Bakteriologen den Chip so bald wie möglich auf den Markt bringen. Das neue Überwachungsinstrument für die Ausbreitung und Entstehung von Antibiotikaresistenzen liesse sich nicht nur in Spitälern, sondern auch in diagnostischen Labors sowie in der Lebensmittel- und Futterindustrie sinnvoll einsetzen, erläutert Vincent Perreten. Begleitet wurde die Kooperation mit dem Industriepartner von der Berner Stelle für Technologietransfer «Unitectra».
Test für schwierige Keime
Bislang wurde in langwierigen und aufwendigen Wachstumstests geprüft, ob Bakterien auf Antibiotika ansprechen oder nicht. Laut Perreten wird der Chip die alten Tests nicht gänzlich ersetzen. «Er ist eine sinnvolle Ergänzung», sagt er. Der neue Test eigne sich im Unterschied zum alten auch für Keime, deren Resistenzen im Wachstumstest nur sehr schwer nachweisbar sind. Zu ihnen zählen etwa die Methicillin-resistenten Staphylococcus aureus-Stämme (MRSA), die sich zunehmend auch in Schweizer Spitälern breit machen. Ausserdem können mit dem neuen Test Gene aufgespürt werden, die noch nicht aktiv sind. In Wachstumstests verhalten sich Bakterien, die mit solchen «stillen Genen» ausgestattet sind, völlig unauffällig.
Resistenzgene bleiben am Chip kleben
Die Funktion des Chips basiert auf der DNA-Microarray-Technologie. Zu den 90 bekannten Antibiotikaresistenzgenen haben die Berner Wissenschaftler passende Gegenstücke entworfen, an die sich die entsprechende bakterielle Erbsubstanz binden kann. Die Gegenstücke wurden an definierten Orten auf dem Chip fixiert. Für einen Test wird die DNA des Bakterienstamms isoliert, mit einem Farbstoff markiert und im Anschluss auf den Chip aufgetragen. Wenn die DNA ein Antibiotikaresistenzgen enthält, das zu einer Sequenz auf dem Chip passt, bleibt es am entsprechenden Punkt kleben. Die gefärbten Punkte werden von einer Kamera registriert, die die Daten wiederum an einen Computer übermittelt. Abschliessend wird das Resistenzmuster des Bakterienstamms am Rechner ausgewertet.