Titan an Erde
Die ESA-Sonde «Huygens» hat ihren Auftrag erfüllt: Vor knapp einer Woche funkte sie 350 Bilder vom Saturnmond Titan an die Erde. In Bern ist man dabei die Fotos auszuwerten. Spekuliert wird über die Landschaftsaufnahmen bereits jetzt.
Auf dem Boden des Saturnmondes Titan vermutete Nicolas Thomas schwarzen Schleim aus organischen Substanzen. Am vergangenen Freitag wurde der Professor für Weltraumforschung und Planetologie vom Physikalischen Institut der Universität Bern eines besseren belehrt. Die europäische Raumssonde Huygens funkte die ersten Bilder vom Titanboden zur Erde. In orangefarbenem Nebel waren auf dem Boden gesteinsartige Brocken zu erkennen. Insgesamt wurden am 14. Januar 350 Bilder von der Titanoberfläche geschossen. Mittlerweile haben neben Thomas und seinem Team Wissenschaftler von der Uni Arizona und vom Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung in Lindau damit begonnen die Aufnahmen auszuwerten. Stoff für Spekulationen liefern die Daten schon jetzt.

Berge und Flüsse
Bevor die Sonde Huygens sachte auf der Oberfläche des grössten Saturnmonds landete, schwebte sie zweieinhalb Stunden lang durch die Titanatmosphäre. Detektoren an Bord von Huygens registrierten dabei die Luftzusammensetzung, die Windgeschwindigkeit, den Luftdruck, die Temperatur und elektrische Entladungen. Ein Mikrofon zeichnete gar etwaige Geräusche auf. Eine High-Tech-Kamera, an deren Entwicklung Thomas beteiligt war, knipste im Landeanflug ein Foto nach dem anderen. 100 Quadratkilometer des Titanbodens habe man fotografiert, schätzt Thomas. «Das ist ein winziger Teil.»

Flüssiges Methan
Auf den Bildern lassen sich zwei verschiedene Bereiche erkennen: Die dunkle Region ist absolut flach und ohne Strukturen. «Möglicherweise ein Meer oder ein See», spekuliert Thomas. Die hellen Bereiche erinnern dagegen an eine Bergregion mit Flusstälern. An der Grenze zwischen Hell und Dunkel könnte eine Küste verlaufen. Ob sich in dem mutmasslichen Meer und in den Flüssen eine Flüssigkeit befindet, weiss Thomas nicht. Wenn auf Titan etwas fliessen würde, wäre es Methan. Wasser kommt bei einer Bodentemperatur von minus 180 Grad nur in fester Form vor. Im Gegensatz zur Erde gibt es auf dem Saturnmond keinen Wasser- sondern einen Methankreislauf.

Wie Steine aus der Aare
Neben den Landschaftsfotos lieferte «Huygens» nach der Landung eine Reihe von Detailaufnahmen. Eine Stunde und zehn Minuten arbeitete die Sonde unter den unwirtschaftlichen Bedingungen. «Ich habe mit einer Lebensdauer von drei Minuten gerechnet», freut sich Thomas. Die Kamera dokumentierte den Titanboden aus einer Entfernung von 40 Zentimetern. Die gesteinsartigen Brocken auf den Fotos messen damit im Durchschnitt höchstens 15 Zentimeter. Sie bestehen wahrscheinlich aus Wassereis. Die runde Form deute auf Erosionsprozesse wie auf der Erde hin, sagt Thomas. «Die Brocken sehen aus wie Steine aus der Aare.
Titan
Titan ist neben der Erde der einzige Himmelskörper dessen Atmosphäre hauptsächlich aus Stickstoff besteht. Deswegen ist er für die Wissenschaftler so interessant. Titan ist der grösste Mond des Saturns. Der Saturn ist der zweitgrösste Planet des Sonnensystems. Er liegt 1,5 Milliarden Kilometer von der Erde entfernt. Damit ist er zehn Mal weiter weg als die Erde von der Sonne.