Soll ich Musikwissenschaft studieren?

Traditionsgemäss fanden Mitte Januar die Besuchstage für Mittelschulen an der Universität Bern statt. Zukünftige Studenten und Studentinnen konnten sich über Studienfächer informieren und erhielten Einblick in das Uni-Leben.

Von Kathrina von Wartburg 20. Januar 2006

Die Eingangshalle des Hauptgebäudes ist voll. Zwischen den Informationsständen stehen Mittelschüler, meist in Gruppen und mit einer Broschüre in der Hand. Sie alle haben ein Ziel: sich über mögliche Studienfächer zu informieren. Die Besuchstage vom 17. und 18. Januar wurden von der StudentInnenschaft der Universität Bern (SUB) in Zusammenarbeit mit dem Generalsekretariat organisiert. Am Dienstag nutzten Schüler des Kanton Berns das Angebot, am Mittwoch waren dann Solothurner, Walliserinnen und Tessiner zu Gast. Die angehenden Maturanden nahmen an Institutsrundgängen teil, stellten Fachschaftsvertretern Fragen zu einzelnen Fächern oder setzten sich gleich mit in ein Seminar. Das Angebot war gross, die Nachfrage auch. Von der Philosophievorlesung bis zur praktischen Übung der Zahnmediziner waren die Veranstaltungen gut besucht.


Die Mittelschüler und Mittelschülerinnen tummelm sich in den Gängen der Uni

1 to 1 Studium

Einen sehr guten Einblick in das echte ‚1 to 1’-Studium erhielten Interessierte der Musikwissenschaft. Speziell für den Besuchstag veranstaltete Institutsleiter Anselm Gerhard ein Schnupperseminar nur für die Mittelschüler zum Thema «Taktstock und Partitur – seit wann gibt es den modernen Dirigenten?» Anhand eines konkreten Falles erläutert Gerhard, wie in der Musikwissenschaft gearbeitet wird: Eine Musikzeitschrift will von ihm einen Artikel über die Geschichte des Dirigenten. Seit wann gibt es den mit Taktstock vor dem Orchester dirigierenden Mann? «Ich wusste das auch nicht genau» sagt Gerhard, «ich musste also nach historischen Quellen suchen». Auf Fragen des Dozenten wissen die Teilnehmer bereits überraschend viel über Harmonierlehre, Opern und berühmte Dirigenten. Aber wann ein Orchester zum ersten Mal von einem Dirigenten geleitet wurde, wissen sie auch nicht. Man könnte in einem Fachlexikon nachschlagen, schlägt einer der Schüler vor. Gemeinsam schlägt man nach, wird nur halb fündig. Das Lexikon spricht zwar allgemein über den Dirigenten, es mangelt aber an genauen Zeitangaben. Die Teilnehmenden sind etwas ratlos. Gerhard erklärt, wo und wie man nach weiterer Literatur sucht. Er zeigt auf, dass sich Quellen widersprechen und dass man Daten überprüfen muss. Und er zieht das Fazit: «Als Historiker muss man auch den Mut haben zu sagen, man wisse es nicht so genau». Damit getröstet ziehen die Schüler zur nächsten Vorlesung.


Die angebotenen Vorlesungen und Seminare sind gut besucht

Die Besuchstage machen Lust aufs Studieren. Sie bestätigen die einen in ihrer bereits getroffenen Studienwahl, und sie verdeutlichen anderen, was sie vielleicht lieber nicht studieren sollten: Nach der kurzen Einführung über das Studium der Musikwissenschaften verlässt einer der Teilnehmer das Seminar. Er wusste nicht, dass er Noten lesen können muss.

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