Generika oder Original - der kleine Unterschied
Generika senken die Gesundheitskosten, sagen die Politiker. Die Hersteller von Originalpräparaten kämpfen um ihren Marktanteil. Und die Patienten sind verunsichert. Ein Referat von Bernhard Lauterburg vom Institut für klinische Pharmakologie zum Thema «Generika oder Originalpräparat – ist der Preis der einzige Unterschied?» brachte Licht ins Dunkel.
Die Ausgaben für Medikamente nehmen jährlich zu. Bei den Krankenkassen liegt ihr Anteil an den Gesamtausgaben bei rund 20 Prozent. Ein neues Medikament zu entwickeln ist teuer und aufwendig. Damit es sich für die Pharmafirmen lohnt, wird es deshalb patentrechtlich geschützt – andere Firmen dürfen erst nach Ablauf der Patentfrist ein Medikament mit demselben Wirkstoff herstellen. Diese billigere Variante, das Generikum, unterscheidet sich vom Originalpräparat nur bezüglich des Aussehens und der Zusammensetzung der Hilfsstoffe, wie das Bundesamt für Gesundheit schreibt. Wirkstoff, Dosierung und Einnahmeform (zum Beispiel Pille oder Zäpfchen) sind gleich. Seit 2001 dürfen nun Apothekerinnen und Apotheker ärztlich verschriebene Medikamente durch ein Generikum ersetzen – es sei denn, der Arzt verlangt ausdrücklich die Abgabe des Originalpräparates. Politiker hoffen, dass dadurch die Gesundheitskosten endlich gesenkt werden können. Was den Patienten aber vor allem interessiert: Wirkt das Generikum wirklich genau gleich?

Anderer Hilfsstoff – andere Nebenwirkungen
Einer 64-jährigen Frau wird Ponstan® verschrieben. Nach drei Tagen gibt ihr der kostenbewusste Apotheker das Generikum Mephadolor. Bereits am nächsten Tag leidet die Frau unter Bauchkrämpfen und Durchfall. Was ist passiert? Lauterburg erklärt: «Beide Medikamente enthalten den Wirkstoff Mefenaminsäure. Als Hilfsstoff enthält das Generikum jedoch Laktose, was bei einer Laktoseunverträglichkeit zu Komplikationen führen kann.» Natürlich gibt es auch Nachahmermedikamente, die mit dem Original absolut identisch sind. Der Hersteller des Medikamentes lizenziert sein Präparat in diesem Fall meist an einen Generika-Produzenten. Dieser bringt es unter neuem Namen und in einer neuen Verpackung auf den Markt – zu einem weitaus tieferen Preis. Das erwähnte Beispiel zeigt jedoch, dass der Einsatz von Generika nicht immer unproblematisch ist. Lauterburg sieht teilweise auch die Patientensicherheit gefährdet. Denn die Präparate unterscheiden sich nicht nur in Namen und Verpackung, sondern oft auch in Farbe, Form und Grösse. «Wenn bei Patienten, die viele Medikamente nehmen müssen, ständig hin und her substituiert wird, ist die Gefahr der Verwechslung gross», so Lauterburg.

Akzeptanz von Generika ist hoch
In der Schweiz verdoppelte sich der Marktanteil von Generika in den letzten Jahren nahezu: von 3.4 Prozent im 2000 auf 6.2 Prozent im 2004. Die Tendenz ist weiter steigend. Ein Vergleich mit anderen Ländern Europas zeigt jedoch, dass dieser Anteil weitaus höher liegen könnte: In Finnland machen die Generika bereits 35 Prozent des Medikamentenmarktes aus, im Nachbarland Deutschland sind es immerhin 20 Prozent. Sparen könnte man also noch mehr. Zumal eine grosse Mehrheit der Schweizerinnen und Schweizer ein Generikum statt eines Originalmedikamentes einnehmen würde, wie Lauterburg anhand einer Umfrage zeigte.
In seinem Referat verdeutlichte Lauterburg, dass ein Generikum auf dem gleichen Wirkstoff und der gleichen Dosierung beruht wie das Originalpräparat. Es steht diesem qualitativ in nichts nach. Und ein vermehrter Einsatz von Nachahmerprodukten könnte helfen, die Gesundheitskosten zu senken. Dennoch kann sich die Wirkung von jener des Originalmedikamentes unterscheiden – je nach Patient und je nach der Zusammensetzung der Hilfsstoffe. Zudem ist ein Wirrwarr von Generika und Originalen mit unterschiedlichen Produktnamen, Tablettenformen und -farben nicht gerade patientenfreundlich. «Bei der Umstellung von Original auf Generikum sollte der Therapieerfolg deshalb immer überprüft werden», sagte Lauterburg.