Sah Kleopatra wirklich so umwerfend aus?

Sie verführte Caesar, sprach acht Sprachen und hatte eine einzigartige Nase. Doch welche Mythen über Kleopatra stimmen wirklich? Tanzte sie tatsächlich im Perlen-Tanga auf? Die Antikensammlung der Uni Bern antwortet – in der Museumsnacht vom 24. März.

Von Bettina Jakob 17. März 2006

Eine Kobra soll es gewesen sein. Und Kleopatra soll sich die Giftschlange am 12. August 30 v. Chr. gleich selbst an den Arm gesetzt und so ihr Leben beendet haben. Der Tod der 39-jährigen ägyptischen Königin war der Beginn für unzählige Mythen, die sich bis heute um ihre Person ranken. Dass ausgerechnet eine Kobra die Schöne gebissen haben soll, bezweifelt Martin Guggisberg von der Antikensammlung der Uni Bern. «Die Schlange spielt in der ägyptischen Religion und Herrschaftssymbolik eine wichtige Rolle», erklärt der Wissenschaftler. Die Pharaonen trugen über ihrem Kopftuch ein Abbild einer Kobra. Sie glaubten, dass die Giftschlange ihnen helfe, Feinde zu überwältigen, erklärt Guggisberg. Auch die Ptolemäer, zu deren Dynastie Kleopatra gehörte, sahen sich als Pharaonen. Soll also tatsächlich ein Schutztier das endgültige Ende von Ägypten besiegelt haben? Die Archäologie glaubt eher an römische Propaganda.


Das ist Kleopatras Gesicht – ein Gipsabguss in der Antikensammlung der Uni Bern (Bild:zvg)

Caesar ist hingerissen

Wilde Geschichten entspringen auch Kleopatras Liebesleben: In einen Teppich gerollt soll sich die 21-Jährige in die Gemächer von Julius Caesar geschmuggelt haben, als sich der römische Imperator wegen der Verfolgung eines flüchtigen römischen Feldherrn in Alexandria aufhielt. Sie verführte den 52-Jährigen und wurde seine Geliebte. Caesar, offenbar betört von der umwerfenden Grazie Kleopatras, schlichtete schliesslich den Streit zwischen ihr und ihrem Bruder Ptolemaios XIII. Dieser hatte nämlich seine Schwester vom gemeinsamen Thron gestossen und wollte sie gar ermorden. Hat sich Caesar von der Schönheit einer Frau instrumentalisieren lassen? «Kleopatra hatte eher ein durchschnittliches Frauengesicht», sagt Archäologe Martin Guggisberg. Auch die berühmte Nase sei nicht so wohlgeformt gewesen, wie oft besungen. Das belegen Münzen aus dieser Zeit, die das Porträt Kleopatras tragen.

«Pure Exotik»

Der Berner Archäologe kann sich vorstellen, warum Kleopatras Aussehen insbesondere von römischen Autoren hochstilisiert wurde: «Für Rom lag im Land Ägypten die pure Exotik, es war so etwas wie das Hollywood der Antike.» Es wundert denn nicht, dass man in den Überlieferungen auch Kleopatra zum glamourösen Sternchen machte. Sicher sei die Pharaonin eine blitzgescheite und faszinierende Persönlichkeit gewesen. «Sie war sprachgewandt und zumindest in politischem Belangen sehr geschickt», so Guggisberg. Schliesslich hatte sie den Thron zurückerobert und das serbelnde Ägypten wieder zu voller Blüte gebracht.

Die Leidenschaft mit Antonius…

Doch Caesars Ermordung 44 v.Chr. bringt Kleopatras Thron erneut in Bedrängnis. Um die römische Herrschaft kämpfen Markus Antonius und Caesars Adoptivsohn Oktavian, der spätere Kaiser Augustus. Ein Glück für die ägyptische Königin, dass sich Antonius mit ihr verbünden will, um seine Machtstellung im östlichen Mittelmeer zu sichern. Die beiden treffen sich. Im Perlentanga sei die Königin vor Antonius angetanzt – und schon war es auch um diesen Imperator geschehen. Kleopatras Herrschaft in Ägypten war gerettet. Das Paar lebte fortan in Saus und Braus. Kleopatra soll gar in Essig aufgelöste Perlen geschlürft haben: «Wieder ein Exzess, wie man ihn halt Stars und Königshäusern andichtet», kommentiert Guggisberg, gesteht aber gleichzeitig ein, dass die Ptolemäer in der Tat gerne ihren Luxus gezeigt hätten: «Sie schleppten immer viel Gold mit sich herum und stellten wilde Tiere zur Schau.»

… und das Schicksal des Paares

Die Ausschweifungen nahmen plötzlich ein Ende. Die ägyptische Diva wurde vom Schicksal eingeholt. Auch in diesem Fall war Rom der Grund: Oktavian fordert Antonius zum offenen Krieg, dieser verliert und flüchtet nach Alexandria. Kleopatra hält sich versteckt, doch Antonius glaubt, sie sei tot. Der gefallene Herrscher stürzt sich verzweifelt ins eigene Schwert. Der Sieger Oktavian will Kleopatra als Trophäe nach Rom bringen. Doch die Königin rettet sich – sie tötet sich mit Gift. «Vielleicht mit einem Schlangenbiss – vielleicht aber auch einfach mit einer präparierten Nadel», sagt Martin Guggisberg.

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