Mobilfunk-Strahlen schaden kurzfristig nicht
Wer sich 45 Minuten in der Nähe einer Handy-Antenne aufhält, riskiert keine gesundheitlichen Schäden. Das beweist eine Schweizer Studie zur Mobilfunk-Strahlung. Beteiligt war auch das Institut für Sozial- und Präventivmedizin der Uni Bern.
Martin Röösli vom Institut für Sozial- und Präventivmedizin der Uni Bern mahnt vorweg: «Die Resultate sagen nichts über Gesundheitsrisiken bei einer langfristigen Bestrahlung aus.» Der Präventivmediziner der Uni Bern hat mit Pharmakologen der Uni Zürich und Technologen der ETH Zürich herausgefunden, dass eine 45-minütige UMTS-Mobilfunkbestrahlung keine negativen Effekte auf den Menschen und seine kognitiven Fähigkeiten hat. Die heute veröffentlichte Studie widerlegt somit die holländische Studie aus dem Jahr 2003, die eine Verminderung des Wohlbefindens festgestellt und damit für grossen Wirbel gesorgt hatte. Viele Gemeinden hatten anschliessend angekündigt, erst aufgrund der neuen Resultate über die Baugesuche neuer Handy-Antennen zu entscheiden. Doch erst Untersuchungen der permanenten Bestrahlung könnten Aufschluss über die langfristigen Effekte – wie vielleicht Krebs oder neurodegenerative Schäden – geben, so Röösli. Noch im Herbst soll ein Nationales Forschungsprogramm (NFP 57) starten.

Testpersonen konnten Strahlung nicht wahrnehmen
In der vorliegenden Studie wurden 33 elektrosensible und 84 nicht-elektrosensible Personen im Alter von 19 bis 60 Jahren untersucht. Sie wurden 45 Minuten den elektrischen Feldern von 1V/m (Volt pro Meter) und 10V/m ausgesetzt. «1V/m entspricht etwa der Strahlung einer UMTS-Mobilfunk-Basisantenne, die 50 Meter entfernt auf dem Nachbargebäude steht, simuliert also eine eher hohe Alltagsbelastung», erklärt Röösli. Der offizielle Anlagen-Grenzwert liegt bei 6V/m. Das Resultat: Die Testpersonen konnten die Strahlung nicht wahrnehmen. Auch bei einer Feldstärke von 10V/m waren Aufmerksamkeit und das Arbeitsgedächtnis nicht beeinträchtigt. Lediglich in 2 von 44 Tests wurden geringfügige Änderungen in den kognitiven Fähigkeiten festgestellt. Bei der Dosimetrie – der Analyse, wieviel Strahlung das Körpergewebe aufnimmt – wurde festgestellt, dass die Absorptionsrate im Gehirn 100fach unter dem geltenden Grenzwert lag und somit bedeutend kleiner war als beim Telefonieren mit dem Handy.
Martin Röösli führt die unterschiedlichen Befunde der eidgenössischen und der holländischen Studie auf die grössere Stichprobe in der Schweiz und auf das verbesserte Versuchsdesign zurück.
Mobilfunkanbieter zahlen mit
Die Schweizer Studie wurde zu 60 Prozent durch die öffentliche Hand (BAG, BAFU, BAKOM, holländische Ministerien) und zu 40 Prozent durch die Industrie namentlich Swisscom mobile, Orange und Sunrise finanziert. Die Kosten belaufen sich auf 723'000 Franken. Das Berner Institut für Sozial- und Präventivmedizin bereitet nun schon eine nächste Studie vor: Gemeinsam mit Schweden, Finnland und Norwegen will Bern herausfinden, ob das Telefonieren mit dem Handy das Risiko für Jugendliche, an einem Hirntumor zu erkranken, erhöht.
Weiterführende Informationen
Die neue Handy-Generation
Die neue UMTS-Technologie («Universal Mobile Telecommunications System») ist die dritte Generation von Mobilfunknetzen. Sie erlaubt zusätzlich zu den bisherigen Sprach-, Fax- und Datendiensten (GSM-Technologie) auch Multimediafunktionen wie Internet und Videotelefonie.