Neutrinos auf dem Weg nach Rom

Diese Versuchsanlage hat gigantische Ausmasse: Ein Neutrino-Strahl schiesst vom Cern-Institut in Genf unterirdisch nach Rom, wo er analysiert wird. Die Uni Bern arbeitet bei diesem Experiment in der Elementarteilchen-Physik mit.

Von Bettina Jakob 11. September 2006

Sie sind von so kleiner Masse, dass sie den Erdball praktisch ohne Widerstand durchqueren können: die Neutrinos. Diese Elementarteilchen treten nur in Zerfalls- oder Umwandlungsprozessen auf und sind – im Gegensatz zu Protonen und Elektronen – elektrisch neutral. Deshalb wirken kaum Kräfte auf sie, eine Eigenschaft, die bei der Erforschung des Universums wichtig ist: Da die Neutrinos bei Kernprozessen in den Sternen und Galaxien entstehen und schliesslich die Erde ohne Energieverlust und Ablenkung erreichen, enthalten sie viele Informationen über den Aufbau des Weltalls. Neutrinos kommen in drei Typen vor: Elektron-, Müon- und Tau-Neutrinos. Untersuchungen von Neutrinos, die von der Sonne stammen, haben ergeben, dass sich die Kleinstteilchen bei einer langen Flugstrecke von einem Typ in den anderen umwandeln. Dieses Phänomen, die Neutrino-Oszillation, will nun das Cern, die Europäische Organisation für Kernforschung in Genf, mit internationaler Beteiligung nachweisen. Mit dabei ist auch Laboratorium für Hochenergiephysik der Uni Bern.


Der Neutrino-Detektor im Untergrund-Labor bei Rom hat gigantische Ausmasse. (Bild:zvg)

180 Mitarbeitende aus 13 Ländern

Das Experiment steigt in einem Untergrund-Labor im Gran Sasso-Massiv bei Rom. Die Physiker haben dort einen sogenannten Neutrino-Detektor aufgebaut: Ein Koloss von 1800 Tonnen, der aus 1-Millimeter dicken Bleiplatten besteht. Dazwischen sind Photoplatten geschaltet um die geladenen Teilchen nachzuweisen, die bei der Neutrino-Reaktion entstehen. Die Filmplatten werden schliesslich an computergesteuerten Mikroskopen an der Uni Bern ausgewertet.

Doch wie kommen die Neutrinos nach Gran Sasso? Das Cern in Genf richtet einen Teilchenbeschleuniger auf das Ziellabor und schickt einen Neutrino-Strahl los. Auf der Flugstrecke von 731 Kilometer sollen sich dieausgesandten Neutrinos vom Müon- zum Tau-Typ umwandeln. Das «Opera»-Projekt («Oscillation Project with Emulsion-tRacking Apparatus») beschäftigt 180 Mitarbeitende aus 13 Ländern. Die Laufzeit des Experiments beträgt fünf Jahre – Startschuss ist heute.

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