Berner Archäologen graben kostbare Statue aus
Ein seltener Fund in den italienischen Abruzzen: Berner Archäologen haben eine seltene, lebensgrosse Statue aus Marmor gefunden. Ein guter Lohn für das Schwitzen mit der Schaufel. Die Sommerserie des «uniaktuell» präsentiert Projekte der Uni Bern im Ausland.
Ein seltener Fund in den italienischen Abruzzen: Berner Archäologen haben eine seltene, lebensgrosse Statue aus Marmor gefunden. Ein guter Lohn für das Schwitzen mit der Schaufel. Die Sommerserie des «uniaktuell» präsentiert Projekte der Uni Bern im Ausland.
Damit hatte Michael Heinzelmann nicht gerechnet. Eigentlich war es schon spannend genug, eine grosse Domus, ein altrömisches Patrizierhaus, in der antiken Stadt Amiternum auszugraben. Doch jetzt wurden die Berner Archäologen und Studierenden in den Abruzzen regelrecht überrascht: Bei einer Sondage, einer punktuellen Ausgrabung des Empfangsraums, stiessen die Forschenden auf eine lebensgrosse Statue. Obwohl in grosse Stücke zerschlagen, ist der Fund «sehr bedeutend», wie Expeditionsleiter und Professor der Archäologie Michael Heinzelmann per Handy durchgibt. Die Statue stammt vermutlich aus der hohen Kaiserzeit aus dem 1. oder 2. Jh. n. Chr.. Heute Donnerstag, 26. Juli, findet eine Medienkonferenz mit Vertretern des Denkmalschutzes vor Ort statt. Ausgestellt wird die Statue dereinst im regionalen Museum in Chieti.
Lebensgross und aus griechischem Marmor: die bei Amiternum gefundene Statue (Bilder:zvg)
Privatporträt auf göttlichem Körper
Beim Fund handelt es sich um eine Porträt-Statue, bei welcher der Kopf individuelle Züge eines Familienmitglieds trägt. «Ungewöhnlich ist, dass es nicht eine der üblichen Gewandstatuen ist, vielmehr sitzt das Porträt auf einem nackten – und daher heroisierenden – Statuenleib, mit übergeworfenem Mantel und Schwert», beschreibt der Archäologe die Statue. «Eine solche Vermischung von Privatporträt mit einem göttlichen Körper wird selten gefunden», so Heinzelmann. Einerseits weil sich nur eine kleine Oberschicht der Römer eine solch wertvolle Statue aus griechischem Inselmarmor leisten konnte, andererseits, weil viele Häuser geplündert worden waren und solche «Schätze» verschwanden.
In Sachen Technik europaweit führend
Amiternum war im Jahr 293 v. Chr. von Rom erobert worden und entwickelte sich zu einem wichtigen Zentrum in den Abruzzen. «Sichtbar sind heute noch das Amphitheater und das Theater», sagt Michael Heinzelmann, viele der alten Gemäuer der Stadt liegen unter der Erde. Letztes Jahr hatten die Berner zusammen mit dem Geoarchäologen David Jordan erste geophysikalische Prospektionen durchgeführt, sogenannte «nicht invasive Bodenuntersuchungen». Ähnlich dem Prinzip eines Metalldetektors erfasst eine High-Tech-Apparatur die unterirdischen Strukturen und bildet sie ab. «Unsere Gruppe hat diese Technik weiterentwickelt und gehört in diesem Bereich europaweit zu den führenden Institutionen», so Heinzelmann.
Graben und pinseln im heissen Italien: das Ausgrabungscamp in den Abruzzen.
Der Berner Forscher leitet seit anfangs Juli das Ausgrabungscamp bei Amiternum; vier Wochen Grabungsarbeit ist für angehende Archäologinnen und Archäologen an der Uni Bern im Lehrplan verankert. Heuer schwitzen 20 Studierende und 5 Dozierende im mittleren Italien – denn trotz praktischer Prospektionen greifen die Archäologen noch immer zur Schaufel: «Damit die Datierung der alten Gebäude verifiziert werden kann», erklärt Heinzelmann. Die Domus, in der die Statue gefunden wurde, stammt aus dem 1. Jh. v. Chr. und muss einer reichen Familie gehört haben, schätzt der Archäologe: Das verraten sowohl die prominente Lage beim Theater als auch die mit 5000 Quadratmetern ungewöhnlich grosse Grundfläche. «Das ist eines der bislang grössten bekannten römischen Stadthäuser», so Heinzelmann.