Auf der Venus gabs tatsächlich Wasser
Die «Venus Express»-Sonde liefert erste wichtige Resultate aus 150'000'000 Kilometer Entfernung: Wissenschaftler der ESA – darunter Berner Weltraumforscher – weisen Wasserdampf in der Venusatmosphäre nach. Jetzt publiziert im Wissenschaftsmagazin «Nature».
Erde und Venus sind eigentlich Zwillinge: Die Wissenschaft geht davon aus, dass die beiden heute so verschiedenen Planeten –wie auch der Mars – vor rund 4,5 Milliarden Jahren aus der gleichen Materie entstanden sind und folglich die «gleichen chemischen Bestandteile aufwiesen», so Prof. Dr. Peter Bochsler von der Abteilung für Weltraumforschung und Planetologie der Universität Bern. Eine Hypothese, die auf der heute extrem trockenen Venus ein früheres Wasservorkommen voraussetzt. Jetzt stützen die Berner Astrophysiker mit rund 40 Forschenden aus Europa und den USA diese Annahme: Daten, welche die ESA-Raumsonde «Venus Express» seit mehr als einem Jahr sammelt, lassen jetzt «mit einiger Sicherheit vermuten, dass in der Venus-Atmosphäre einst tatsächlich reichlich Wasserdampf vorhanden war», sagt Prof. Dr. Peter Wurz. Die Resultate sind jetzt im Wissenschaftsmagazin «Nature» publiziert.

Prozesse laufen auf dem Mars anders ab
Auf ein Wasservorkommen lässt eine Analyse der Ionen aus der Atmosphäre des Planeten schliessen. Diese geladenen Teilchen werden durch den Sonnenwind aus der Venusatmosphäre gerissen und schliesslich von den Messgeräten der «Venus Express»-Sonde bei der Umkreisung eingefangen. Die Forschenden konnten nachweisen, dass der – neben einen kleinem Helium-Anteil – registrierte Wasserstoff und Sauerstoff in einem Verhältnis von 2:1 auftritt. In gleichen Verhältnis also, wie sich auch Wasser (H2O) zusammensetzt. «Ein Resultat, das so nicht unbedingt erwartet wurde», kommentiert Peter Wurz diese Daten. Mit Hinweisen auf ein einstiges Wasservorkommen habe man schon gerechnet, aber dass die Bestandteile der Moleküle im originalen Verhältnis weggetragen würden, sei nicht voraussehbar gewesen.
Ähnliche Prozesse laufen auf dem Mars anders ab: Während sich dort der Wasserstoff aus der Atmosphäre 20 mal mehr verflüchtigt als der Sauerstoff, lagert sich der Sauerstoff an der Marsoberfläche an und oxidiert diese. Der Sauerstoffüberschuss führt wortwörtlich zum Rosten des Planeten, was Mars zum «roten» Planeten gemacht hat.
So wird die Venus-Atmosphäre untersucht
Von kleinsten Ionen, die 150'000’000 Kilometer von der Erde entfernt durchs All fliegen, auf die Vergangenheit eines Planeten schliessen – wie ist das möglich? Peter Wurz erklärt: Die Atmosphäre der Planeten ist dem ständigen Sonnenwind, ausgesetzt, der vor allem aus Protonen und Elektronen besteht. Da die äussere Atmosphäre der Venus aufgrund der Ionisation durch das solare Ultraviolettlicht aus geladenen Teilchen besteht, bildet sich rund um den Planeten eine Grenzschicht, die den Sonnenwind abstösst und dadurch die Atmosphäre erhält. Dennoch werden aus diesem Grenzbereich durch die ständige Windströmung immer wieder Ionen entrissen. Die «Venus Express» nimmt diese Teilchen auf, und mittels Analyse durch die spezialisierten Instrumente auf der Sonde kann die Herkunft dieser Ionen bestimmt werden: «Wasserstoff-Teilchen aus dem Sonnenwind sind zum Beispiel viel energiereicher als solche aus der planetarischen Atmosphäre», erklärt Wurz, womit schnell klar ist, ob ein Ion nun von der Umgebung des Planeten stammt – und allenfalls ein Indiz für ein Wasservorkommen ist – oder ob es aus dem Sonnenwind kommt.

Die Erde ist vor Sonnenwind geschützt
Heute besteht die Atmosphäre der Venus aus 96 Prozent Kohlenstoffdioxid, welches auf dem Planeten einen extremen Treibhauseffekt verursacht; es herrscht eine Oberflächentemperatur von 477 Grad Celsius. Der einstige Wasserdampf hat sich fast vollständig verflüchtigt, zurück geblieben ist ein unwirtliches Milieu bestehend aus CO2, Stickstoff und kleinen Anteilen an Schwefelsäure. Die Venusatmosphäre ist das Endprodukt des Treibhauseffektes und eines Prozesses, vor dem die Erdatmosphäre durch das irdische Magnetfeld geschützt ist: Der Sonnenwind kann den lebenswichtigen Bestandteile aus der Erdatmosphäre nicht so leicht abtragen.
Die Berner Mission
Bj. Die «Venus Express»-Raumsonde wurde von der europäischen Raumfahrtsorganisation ESA gestartet und wird von Forschenden aus Europa und den USA betreut. Aus den Labors der Uni Bern fliegen zwei Instrumente, «Aspera-4» und «VMC», mit. Die Hightech-Apparate verarbeiten Daten wie Neutralteilchen und ultraviolette Strahlung aus der Venusatmosphäre. Die Sonde umkreist die Venus in einer elliptischen Umlaufbahn von 250 x 66’000 Kilometer Höhe. Ist der Treibstoff aus, wird «Venus Express» in die Atmosphäre der Venus fallen und verglühen.