Bald mit eigenen Zellen den Körper heilen?
Verletztes Gewebe mit Stammzellen aus dem eigenen Körper reparieren: Eine verlockende Vision, welcher der plastische Chirurg Jan Plock näher kommen will. Mit seiner Studie betritt er Neuland und erhält dafür den Forschungspreis des Departements Klinische Forschung der Uni Bern.
Hell grün mäandern die dicken Linien über den dunklen Hintergrund, fluoreszierenden Regenwürmern ähnelnd. Was exotisch anmutet, heisst in Jan Plocks Sprache «Angiogenese»: «Das Bild zeigt Blutgefässe, aus denen neue Gefässe wachsen», erklärt der plastische Chirurg und Forscher am Inselspital Bern. Wichtig sei diese «Aussprossung» bei der Wundheilung, zum Beispiel nach grösseren operativen Eingriffen in der Wiederherstellungschirurgie, nach Unfällen oder Tumorentfernungen.

Die neuen Blutgefässe durchziehen das verpflanzte Gewebe, die sogenannten Lappenplastiken, und stellen damit eine genügende Sauerstoffversorgung des verpflanzten körpereigenen Gewebes her. «Bei der Gefässneubildung können Stammzellen eine wichtige Rolle spielen», so Plock, was ihn gleich zu seinem Experiment führt, für das der junge Arzt jetzt mit dem Forschungspreis des Departements für Klinische Forschung der Universität Bern ausgezeichnet wird (siehe Kasten).
Stammzellen aus dem erwachsenen Körper
Jan Plock präzisiert gleich vorneweg: «In unserer Studie untersuchen wir nicht embryonale Stammzellen, sondern Zellen des erwachsenen Körpers, die aus dem Knochenmark gewonnen werden.» Anhand von Zellkulturen wurde gezeigt, dass diese Zellen das Potenzial haben, sich zu Knochen-, Muskel-, Fett-, Nerven- und – in der sogenannten Vaskulogenese – auch zu Gefässzellen weiter zu differenzieren. «Während der Regeneration nach Hirn und Herzschädigungen wandern Stammzellen an die verletzte Stelle und beteiligen sich an der Reparatur des beschädigten Gewebes», so Plock. In Biopsien, also Vorher-Nachher-Untersuchungen von betroffenem Gewebe, wurde dies bereits nachgewiesen.

«Worüber die Forscherwelt noch nichts weiss, ist der zeitliche Ablauf dieser Ereignisse.» Das soll sich mit dem aktuellen Experiment ändern: Plock hat ein Lebend-Modell entwickelt, an welchem sich die Abläufe – ab dem Zeitpunkt der Injektion von gefärbten Stammzellen ins Gewebe – verfolgen lassen. Aus der Beobachtung des Gewebes unter dem Mikroskop über mehrere Wochen erhofft sich der Arzt Aufschluss über die Grundlagen der Reparaturmechanismen. Neben der Aufzeichnung der sich ändernden Zellstrukturen will Plock molekulargenetische Tests durchführen, die entschlüsseln sollen, welche Wachstumsfaktoren und Proteine den Prozess regeln. Vermutungen über mögliche Resultate will der Arzt keine anstellen: «Mit diesem einzigartigen Modell betreten wir Neuland.»
Verlockende Vision
Erste Resultate erwartet Jan Plock in einem Jahr. Und die grosse Vision liegt in der Zukunft: «Es ist ein faszinierender Gedanke, mit eigenen jungen Zellen die Heilung von beschädigten Organen zu verbessern», meint Plock und weiter: Es sei denkbar, dass in einigen Bereichen vielleicht gar auf den umstrittenen Einsatz von embryonalen Stammzellen verzichtet werden könne.

07.11.2007
Zur Person: Jan Plock
Forschungspreisträger 2007
Dr. med. Jan Plock ist seit 2006 Assistenzarzt und Laborleiter an der Klinik und Poliklinik für Plastische- und Handchirurgie des Inselspitals unter der Leitung von Prof. Andrej Banic und der Forschungsleitung von Prof. Dominique Erni. Plock ist gebürtiger Bayer und legte sein Staatsexamen in Würzburg ab. Seine Weiterbildungsjahre verbrachte der Forschungspreisträger in der Allgemeinchirurgie, Thoraxchirurgie, Urologie sowie im Notfallzentrum der Insel Bern und des Kantonsspitals Olten. Zusätzlich war er schon eineinhalb Jahre im Forschungslabor der Plastischen Chirurgie an der Insel Bern tätig. Jan Plock ist 32-jährig, verheiratet und hat zwei Kinder.