Die Zwerghirse ist zu hoch
Teff, die Zwerghirse, ist das kleinste Getreide der Welt und eines der wichtigsten Grundnahrungsmittel Äthiopiens. Er gehört zu denjenigen Pflanzen, die von der Wissenschaft bisher übergangen wurden. Jetzt kümmern sich zahlreiche Forscher um vernachlässigte Anbaupflanzen und stellen ihre Forschungsprojekte an einer Konferenz in Bern vor.
Einer der Referenten ist Dr. Zerihun Tadele vom Institut für Pflanzenwissenschaften der Universität Bern. Seine Teff-Forschung sei äusserst sinnvoll, weil die Pflanze ideal an die klimatischen Bedingungen Äthiopiens angepasst ist. Sie gedeiht problemlos auf trockenen wie auf nassen Böden. «Die Pflanze ist auch resistenter gegen Krankheiten und Schädlinge als andere Getreidearten,» so der Forscher.

Grösstes Hindernis beim Anbau ist, dass Teff einen langen und mageren Stängel hat und deshalb leicht umknickt. Hier kommt Tadele ins Spiel: «Ich will die Höhe der Pflanzen reduzieren.» Zu diesem Zweck braucht er Methoden, die sich bei besser erforschten Pflanzen wie Mais oder Gerste bewährt haben, um herauszufinden, welche Gene für die Höhe der Pflanze verantwortlich sind.
Uni Bern fördert Orphan Crops
Private und industrielle Investitionen in die Pflanzenforschung konzentrieren sich auf einige wenige Produkte wie Weizen, Soja oder Reis. Viele Pflanzen werden nicht international gehandelt, sind für den lokalen Eigenbedarf jedoch von grosser Bedeutung. Sie werden von der Forschung grossspurig umfahren. Zu diesen vernachlässigten Pflanzen, den «Orphan Crops», gehören etwa die Süsskartoffel, der Maniok sowie zahlreiche Hirsearten.

Der Nationale Forschungsschwerpunkt «Plant Survival» hat sich zum Ziel gesteckt, die Produktivität von «Orphan Crops» zu steigern. Anlässlich einer dreitätigen Tagung an der Universität Bern stellen vom 19. bis 21. September zahlreiche Spezialisten ihre Untersuchungen vor.
Teff ist äusserst gesund
Teff könnte auch bei uns ein beliebtes Korn werden: für Allergiker, weil es glutenfrei ist, für Diabetiker, weil es sich positiv auf den Blutzuckerspiegel auswirkt, oder für Sportler, weil es wichtige Mineralstoffe für Muskeln und Nerven enthält – und damit möglicherweise das Erfolgsgeheimnis äthiopischer Ausdauerathleten ist. Tadele gibt sich optimistisch, dass er der Zwerghirse zum grossen Durchbruch verhelfen kann: «In einem Jahr habe ich schon gute Resultate erzielt und erste Teff-Kulturen in Bern züchten können.» Auch holländische Wissenschaftler tüfteln seit 2002 an einem Saatgut von Teff, das dem europäischen Klima und Boden angepasst ist; Äthiopien erhält fünf Prozent vom Gewinn verkaufter Teff-Produkte in Holland und dank einem Wissenstransfer profitieren äthiopische Bauern wieder davon. Die Erforschung von «Orphan Crops» trägt dazu bei, dass in Entwicklungsländern eine lokal sinnvolle und rentablere Agrarwirtschaft mit qualitativ hochwertigeren Pflanzen entsteht.
Nahrungsmittel-Konferenz
Die Konferenz «New approaches to plant breeding of orphan crops in Africa» findet vom 19. – 21. September in Bern statt. Organisiert wird sie von Prof. Cris Kuhlemeier und Dr. Zerihun Tadele vom Institut für Pflanzenwissenschaften der Universität Bern.