Dies academicus: Viel Ehre und ein Blick in eine Zukunft mit mehr Autonomie
Neben der Würdigung der Ehrendoktoren im feierlichen Casino-Saal kamen am «Dies academicus» der 173. Stiftungsfeier der Uni Bern, auch ernste Themen zur Sprache: etwa die Strategie der Unileitung, die Autonomie der Uni, der Wunsch der Studis nach Chancengleichheit – und eine Absage an die Zweiklassenmedizin.
Das soll besser werden: die Leistungs- und Wettbewerbsfähigkeit der Uni Bern im nationalen und internationalen Umfeld. Das ist gemäss Rektor Urs Würgler das Ziel der Strategie der Unileitung. Ein wichtiger Punkt dabei sei die Festlegung von Schwerpunkten. «Die Universität Bern will dabei für die Gesellschaft relevante Problembereiche aufzunehmen», so Würgler, – wie folgende drei Beispiele zeigten: Das Kompetenzzentrum für Public Management (KPM) wurde als interfakultäre Einheit ausgebaut und gewichtet den Bereich der öffentlichen Verwaltung. Um den Wissens- und Technologietransfer zu stärken, hat die Uni Bern kürzlich das «Artificial Organ Center for Biomedical Engineering Research (ARTORG Center)» gegründet, welches elf Assistenzprofessuren beschäftigen wird. Auch in der Klimaforschung denkt die Uni Bern zukunftsgerichtet: Der Standort des Nationalen Forschungsschwerpunktes Klima wird jetzt durch das neugegründete «Oeschger Centre for Climate Change Research» ausgebaut.
«Doch die Universität Bern ist keine Insel», betonte Würgler, genauso wichtig sei es, mit anderen Forschungsinstituten zu kooperieren: Aktuellster Schritt in diese Richtung ist der bevorstehende Transfer der Teilchenphysik der Uni Neuenburg nach Bern, bei dem es – wie bei anderen Vernetzungen – um die Optimierung des Portofolios der «Hochschule Schweiz» gehe.
Die gesetzlichen Verbesserungen kommen
Eine bessere Hochschule wünscht sich auch die Berner Regierung. Erziehungsdirektor Bernhard Pulver betonte die wichtige Bedeutung der Universität für den Kanton. Klar, dass in der heutigen Zeit auch «Kooperationen mit anderen Hochschulen und der Wirtschaft» gesucht werden müssten – was eine Stärkung der Uni-Autonomie bedinge. In dieser Sache wartete Pulver mit neuen Informationen auf: Die geplante Teilrevision des Universitätsgesetztes könne bestenfalls ab 2010 in Kraft treten. Sie beinhaltet wichtige Änderungen für mehr Eigenständigkeit: Die Uni Bern soll künftig über ein Beitragssystem erfolgen, welches der Hochschule mehr Freiraum gibt. Die Wahlen der Professorinnen und Professoren will der Regierungsrat auf die Universitätsleitung übertragen, und es soll eine rechtliche Grundlage für eine Zulassungsbeschränkung beim Sport-Studium erlassen werden. Grundsätzlich will Pulver «mit Stabilität und behutsamen Reformen die Qualität sichern» – damit folgendes Ziel erfüllt werde: Die Uni Bern soll der Entwicklung der Gesellschaft dienen und einen Beitrag zur Standort- und Wirtschaftsattraktivität des Kantons leisten.
Die drei Herzenswünsche der Studis
Auch die Studis sind dieser Meinung: Die Uni Bern ist gut, muss aber besser werden. Dies machte Adrian Durtschi, Präsident des StudentInnenrats der Uni Bern klar: Erstens fordert er mehr Chancengleichheit. Mit einem Studium seien nach wie vor finanzielle Schranken verbunden, so Durtschi. Dieses altbekannte Phänomen sei durch die Bolognareform noch verschärft worden, da Pflichtvorlesungen oftmals mit dem Nebenjob kollidierten. Durtschi präsentierte mit dem Problem auch gleich dessen Lösung: «Nur Stipendien garantieren einen fairen Zugang zur Hochschulbildung.» Das Konkordat der Erziehungsdirektoren deute in die richtige Richtung, doch würde Durtschi eine Stipendien-Regelung auf nationaler Ebene bevorzugen. Zweitens ist gemäss Durtschi mehr Demokratie im Uni-System vonnöten. Gegenüber den Professoren seien die Studierenden im Senat extrem untervertreten. Dies mache es schwer, «die Anliegen der Studis angemessen zu vertreten». Der dritte Wunsch betrifft das Fächerangebot, das die hiesige Volluniversität beibehalten soll. Die Uni Bern dürfe nicht etwa «nur Schwerpunkte bilden und daneben Fächer streichen», so der SUB-Präsident. Sonst verkomme Bern zur «Main-Stream-Uni» mit einem kleinen Profil.
Warnung vor einer Zweiklassenmedizin
Alles andere als gut sei die sich abzeichnende Zweiklassenmedizin in der Schweiz: Felix Frey, Vizerektor Forschung, erteilte dieser Entwicklung in seiner Akademischen Rede eine klare Absage. Das Geld einer einzelnen Person dürfe nicht bestimmen, wer medizinische behandelt werden soll und wer nicht. «Die Ressourcen der Medizin ist eine Art Grundrecht, vergleichbar mit demjenigen auf Nahrung, Kleidung, Bildung, Religions- und Meinungsfreiheit», so Frey. Frey begründete seine Haltung wie folgt: «Die Technologien, welche das Leben verlängern und verbessern, wurde von der öffentlichen Hand geschaffen. Deshalb sollten sie auch Gemeingut bleiben.»
Der Vizerektor regte einige Massnahmen an, wie eine Zweiklassenmedizin zu verhindern wäre: Die medizinischen Leistungen sollen klar definiert werden, damit sie nicht den Gesetzen des freien Marktes unterworfen werden können. Wichtig sei, dass die klinische Forschung unabhängig beibe, und dass die medizinischen Fakultäten und Universitätsspitäler die vielfach diskutierte Ethik auch selber vorlebten. Die Politik auf der anderen Seite sei gefordert, zu überlegen, welchen Wert die Medizin für die Gesellschaft habe. Bisher habe sie die Leistungen der Medizin mit der Frage quittiert: Wie können wir die Ausgaben für eine Verlängerung des Lebens reduzieren? «Doch weit wichtiger als die heute vorherrschende Diskussion über mikro- und makroökonomische Konzepte zur Optimierung der Medizinalausgaben sei die Einstufung der medizinischen Dienstleistung in der Wertepyramide der Gesellschaft», so Frey.