Euler war ein schlauer Fuchs

Er berechnete bereits Erdrotationen, während andere noch darüber stritten, ob die Erde oder die Sonne Zentrum des Planetensystems ist: Mathematiker Leonhard Euler feiert heuer seinen 300. Geburtstag. Die Exakten Wissenschaften der Uni Bern widmen ihm eine Ausstellung.

Von Bettina Jakob 08. Juni 2007

2,718281828459… Die Eulersche Zahl e ist eine alte Bekannte aus dem Mathematikunterricht im Gymnasium, an deren Kommastellen man sich aber nur noch vage erinnert. Sie ist die Basis des natürlichen Logarithmus und der Exponentialfunktion – und benannt ist sie nach dem Mathematiker Leonhard Euler aus Basel, der bereits im 18. Jahrhundert viele Grundlagen für das moderne Leben schuf. Praktische Beispiele dafür sind monumentale Brückenbauten und hydrodynamische Segelboote wie die Alinghi, die nach Eulerschen Gleichungen berechnet werden. In diesem Jahr wird der 300. Geburtstag des Mathematikers gefeiert; die Uni Bern lädt zur Ausstellung im Foyer der Exakten Wissenschaften ein.


Leonhard Euler beschrieb schon im 18. Jahrhundert grundlegende astronomische Phänomene: Die Eulerschen Gleichungen für die Polschwankung. (Bilder:zvg)

Berner Astronom publiziert Bücher mit Werken von Euler

Der Euler-Experte an der Uni Bern ist Andreas Verdun. Der Berner Astronom bearbeitet seit zehn Jahren Publikationen des «Ausnahme- Mathematikers», wie er Euler nennt. Daraus entstehen zwei Bände der einmal über 90 Bücher umfassenden Gesamtedition von Eulers Werk – nämlich das 73. und 74. Buch mit Abhandlungen über Himmelsmechanik. «Leonhard Euler war sehr fleissig», so Verdun. Insgesamt sind rund 900 Publikationen verzeichnet, und die Zahl der wissenschaftlichen Briefe wird auf rund 6000 geschätzt. «Euler hat einen Grossteil seiner mathematischen Werke geschaffen, als er längst erblindet war», weiss Verdun. Leonhard Euler lebte von 1707 bis 1783, ging bereits als 13-Jähriger in Basel an die Universität, erlangte drei Jahre später den Magister und wurde schliesslich als 20-Jähriger nach Sankt Petersburg berufen. Die Professur für Physik erhielt Euler, 23-jährig, im Jahr 1730, jene für Mathematik 1733.

Euler wusste um die unregelmässige Erdrotation

Mathematik und Physik waren Eulers Schwerpunkt-Gebiete. «Aber auch in der Astronomie entdeckte und erforschte er wichtige Phänomene», sagt Verdun. Am Astronomischen Institut in Bern werden diese weiter untersucht. «Die Modelle zur Bestimmung der Erdrotation beruhen auf Gleichungen, die Euler als Erster entwickelt hat», so Verdun und erklärt: Schon Euler hatte erkannt, dass die Rotationsachse der Erde nicht mit ihrer Figurenachse übereinstimmt. Was heisst: Unser Planet dreht sich nicht völlig gleichförmig um eine Achse, weil sich die Massen in und auf der Erde – so etwa der flüssige Magmakern oder Luft- und Wassermassen – immer wieder verlagern und schliesslich das auslösen, was Physiker eine «torkelnde Drehung» nennen.

Die Berner Astronomen bestimmen die Schwankung der Erdrotation auf den Zentimeter genau (blaue Punkte).

Bestimmung des Nordpols mit GPS

«Mit Hilfe der Daten des Global Positioning System GPS bestimmt das Astronomische Institut die Position des Nordpols beziehungsweise der Rotationsachse der Erde rund um die Uhr auf den Zentimeter genau», erläutert Verdun die Berner Forschung. Die Resultate können für Geophysik und Meteorologie nützlich sein, um Auswirkungen von Erdbeben oder Tsunamis zu untersuchen. Die Gleichungen, welche die Rotationsbewegungen beschreiben, habe Leonhard Euler 1758 aufgestellt, sagt Verdun und deutet auf komplexe Abfolgen mit unzähligen Zahlen und Variablen auf einer Ausstellungstafel. «Der Mathematiker hat bereits winzige Unregelmässigkeiten in den Rotations- und Bahn-Bewegungen der Himmelskörper diskutiert, während sich viele Menschen noch darüber stritten, ob nun die Erde oder die Sonne im Zentrum unseres Sonnensystems steht», so Verdun.


Dem Schweizer Mathematiker Leonhard Euler (1707-1783) ist an der Uni Bern eine Ausstellung gewidmet.

 

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