Eine Zeitreise mit Archaeopteryx

Die aktuelle Ausstellung des Naturhistorischen Museums in Bern blickt in die Vergangenheit zurück. Anhand von Fossilien und Computeranimationen wird die Evolution vom kieferlosen Neunauge bis hin zum Eichhörnchen erklärt.

Von Bettina Jakob 20. April 2007

Die Spur hat der ETH-Geologe Iwan Stössel an der irländischen Küste entdeckt. Eine wirklich heisse Spur, weil sie laut Wissenschaft gar nicht existieren dürfte: Ein Vierfüsser hinterliess vor 385 Millionen Jahren seine Fährte im Sand, obwohl der Gang der Meerestiere an Land bisher erst 15 Mio. Jahre später angenommen wurde. Ein Nachguss dieser sensationellen Abdrücke ist jetzt im Naturhistorischen Museum der Burgergemeinde Bern zu sehen: Unter dem Titel «Flossen – Füsse – Flügel» stellt die neue Ausstellung die Evolution vom kieferlosen Neunauge vor 500 Mio. Jahren bis zu den heutigen Säugetieren dar. Gezeigt werden viele Fossilien, die nicht «einfach tote Steine sind», so Kuratorin Ursula Menkveld-Gfeller, «sondern versteinertes Leben». Der neue Rundgang verbindet längst Vergangenes mit der Gegenwart: Einheimische Fische, Amphibien und Reptilien aus dem Museumsfundus veranschaulichen die Jahrmillionen dauernde Entwicklung an deren Spitze der Mensch steht.


Der Präparator Bernhard Hostettler bringt letzte Retuschen am Fischsaurier an. (Bilder:zvg)

Die Fische und der Kiefer

Die Geschichte beginnt lange bevor der erste Vierfüsser – vermutlich ein Dachschädellurch namens Ichthyostega – seinen Körper in Irland aus dem Wasser hievte: Während das Neunauge vor 500 Mio. Jahren noch kieferlos war, bildeten ab 416 Mio. Jahren erste Tiere, nämlich die verschiedenen Fischgruppen, einen Kiefer zum Zupacken und Fressen aus: Die riesigen Panzerfische mit ihren Zahnplatten, welche aber vor 360 Mio. Jahren wieder verschwanden; die Knorpelfische – Haie, Chimären, Rochen – die bis heute Meeresbewohner geblieben sind; und schliesslich die Knochenfische, welche 95 Prozent aller heutigen Fischarten ausmachen. Ein Fisch war es auch, der den ersten Atemzug ausserhalb des Wassers tat: Der Lungenfisch, heute weltweit nur mit wenigen Arten vertreten.

Quastenflosser – das «lebende Fossil»

Der nächste Schritt auf der Zeitachse war der Übergang von Flossen zu Füssen: Der Quastenflosser (Latimeria), der seine fleischigen Flossen im «Kreuzgang» bewegte, wird als Urahne der Amphibien angesehen. Diese Tiere werden «lebendige Fossilien» genannt, da sie noch heute existieren: 1938 sorgte ein von einem Fischdampfer in Südafrika gefangener Quastenflosser für Furore, denn die Tiere galten seit der Kreidezeit (vor 65 Mio. Jahren) als ausgestorben. Nach dem Quastenflosser tauchte dann eben Ichthyostega auf, und vor 375 Mio. Jahren die ersten Amphibien. «Diese Tiere hatten sich zwar an ein Leben an Land angepasst, aber ihre Eier legten sie immer noch im Wasser», so Museumsdirektor Marcel Güntert. Erst den Reptilien gelang es 55 Mio. Jahren später, sich an Land zu vermehren – in der Ausstellung schön dargestellt am Beispiel der Dinosaurier: «Zu sehen ist ein versteinertes Oviraptor-Ei mit einem Embryo, der wahrscheinlich kurz vor dem Schlüpfen war», sagt Kuratorin Menkveld.


Der Embryo im Ei des Dinosauriers Oviraptor.

Dinos mit Federn

Nach den Flossen und Füssen kamen die Flügel und die Federn: «Raubdinos waren die ersten befiederten Wesen», so Güntert. Bekanntester Vertreter ist der Urvogel Archaeopteryx, der bereits Merkmale wie die Vögel, aber auch noch den langen Schwanz der Reptilien besass. Von einer anderen Linie der beschuppten Echsen stammen die ersten Säugetierähnlichen ab, die jedoch nur von 270 bis 170 Mio. Jahren auftraten. In der letzten Vitrine trifft man schliesslich auf alte Bekannte: Ein Känguruh, ein Schnabeltier, eine Fledermaus und ein Eichhörnchen: Die Säugetiere, die seit 210 Mio. Jahren erfolgreich die Erde besiedeln.

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