Ein Chemiker schreibt Theaterstücke
Nobelpreisträger Roald Hoffmann besucht die Uni Bern. Das Departement für Chemie und Biochemie lädt heute, 23. Januar, zum neusten Theaterstück und morgen zum Vortrag des Chemikers aus New York.
Katie stürzt herein. «Stefan, er ist tot». «Wer?» «Mein Vater, mein Vater!» So beginnt das Stück «Should’ve» – mit dem Freitod eines Chemikers, der sich schuldig fühlte, Terroristen einen einfachen Zugang zu einem Nervengift ermöglicht zu haben. Auch der Autor des Stücks ist Chemiker, und zwar kein geringerer als Roald Hoffmann, Nobelpreisträger in der Chemie. Der Wissenschaftler und Poet ist in diesen Tagen zu Besuch am Departement für Chemie und Biochemie der Uni Bern; «Should’ve» wird heute Abend von «Upstage – «Berne’s English-language theatre group» im Beisein des Autors im Uni-Hauptgebäude gezeigt.
In Roald Hoffmanns Land zwischen Chemie, Poesie und Philosophie. (Bild: www.roaldhoffmann.com)
Die zwei Berner Freunde
«Roald Hoffmann hat schon immer geschrieben», erinnert sich Gion Calzaferri, Professor für physikalische Chemie an der Uni Bern. Erst waren es Gedichte, dann Bücher und Theaterstücke. Calzaferri und sein Berner Kollege, Prof. Hans-Beat Bürgi, kennen Roald Hoffmann seit Jahren, haben mit ihm gearbeitet, publiziert und philosophiert. «Hoffmann ist zwar ein theoretischer Chemiker, interessierte sich aber schon immer für die Kommunikation zwischen den Exakten Wissenschaften und den Geisteswissenschaften», sagt Calzaferri. Und er war kritischer Beobachter seiner eigenen Branche: Sein Buch ‹The Same and Not the Same› setzt sich gemäss Calzaferri mit dem Januskopf der Chemie auseinander: «Einerseits lockt der grosse Nutzen chemischer Erkenntnisse, andererseits erschrecken die fatalen Folgen ihrer Missbräuche.»
Von Polen in die USA
Roald Hoffmann wird in diesem Jahr 70-jährig. Er wurde in Polen geboren und stammt aus einer jüdischen Familie, die nach dem Zweiten Weltkrieg in die USA auswanderte. Nach seinem Studium promovierte Hoffmann an der Harvard Universität und erhielt 1965 einen Lehrstuhl an der Cornell Universität in Ithaca im Bundestaat New York – wo der Berner Gion Calzaferri schliesslich bei ihm im Labor forschte. 1981 erhielt Hoffmann zusammen mit dem Japaner Kenichi Fukui den Nobelpreis für die von beiden unabhängig voneinander entwickelte Theorien über den Verlauf chemischer Reaktionen.
Die Berner Professoren Bürgi und Calzaferri inszenieren mit der Einladung von Roald Hoffman ihr eigenes Abschiedsgeschenk – die beiden Chemiker stehen nämlich kurz vor ihrer Emeritierung.