Schimmel sind nicht wirklich weiss
Weisse Pferde sind weder Schimmel noch Albinos. Genetiker der Uni Bern haben herausgefunden, welche Genmutation für das Weiss der jurassischen Freiberger kodiert.
Weiss ist nicht gleich weiss, jedenfalls nicht bei Pferden. Wer zu hören bekommt, Schimmel seien grau und nicht weiss, erwartet eine Erklärung – die der Berner Genetiker Tosso Leeb liefert: Schimmel kommen farbig, also braun oder schwarz, zur Welt. Nach vier, fünf Jahren beginnt sich die Fellfarbe zu verändern, denn Schimmel besitzen eine Erbanlage zum schnellen Ergrauen, was schliesslich in einem weissen Fell auf dunkler Haut resultiert. «Die weissen Pferde hingegen sind von Geburt an weiss, denn sie haben keine pigmentbildenden Zellen in der Haut», sagt Leeb. Die Weissen sind aber nicht etwa Albinos, bei welchen das Pigment auch in der Iris fehlt, was schliesslich zu den typisch roten Augen führt.

Die weisse Farbe ist genetisch codiert, und Leeb und sein Team haben jetzt die Mutation gefunden, welche das Weiss der Freiberger-Pferde aus dem Jura bestimmt. Die Mutation liegt auf dem Chromosom 3 des Pferds im Bereich des sogenannten KITGens. Interessant ist, dass bei weissen Pferden aus anderen Populationen noch weitere Mutationen im gleichen Gen, jedoch an anderen Positionen gefunden wurden. Diese Ergebnisse sind jetzt in «PLoS Genetics» publiziert.
Worauf Züchter achten müssen
Tosso Leeb erklärt die genetischen Eigenschaften des weissen Farbmerkmals: Jedes Gen hat zwei Kopien, deren Varianten nicht gleich stark wirken müssen; die rezessive Variante wird von der dominanten unterdrückt. Die weisse Farbe der Freiberger Pferde wird, dass wissen die Züchter längst, dominant weitervererbt und überdeckt die Wirkung aller anderen Farbvarianten. Wichtig zu wissen ist, dass nur die mischerbigen Tiere, also Genträger je einer farbigen und einer weissen Variante gesund sind. «Reinerbige Tiere, also Pferde bei denen beide Genkopien für die weisse Farbe kodieren, sind nicht lebensfähig. Die Föten sterben noch im Mutterleib ab», so Leeb. Damit nicht eine tödliche Weiss-Weiss-Kombination entsteht, wird bei den Freibergern nur mit weissen Stuten und farbigen Hengsten gezüchtet.
Die Chance, dass aus der weiss-braunen Paarung ein weisses Fohlen geboren wird, liegt bei 50 Prozent. Die neuen Erkenntnisse können gemäss Leeb künftig Züchterinnen und Züchtern helfen, mittels einem neuen Gentest das Weiss eines Pferdes richtig zuzuordnen – gerade in manchen amerikanischen Populationen ist es ohne Test nämlich nicht möglich, bestimmte Scheckungsmuster von einem echt weissen Ross zu unterscheiden.
Stammbaum geht zurück bis 1957
Der weisse Stammbaum der Schweizer Freiberger ist noch nicht sehr lang und geht auf eine Stute zurück. «Cigale» wurde im Jahr 1957 geboren, und ihre Eltern hatten beide ein braunes Fell. «Das beweist, dass die weisse Fellfarbe durch eine spontane Mutation entstanden ist», so Tosso Leeb. Die kalifornischen «Camarillo White Horses» können auf einen weissen Hengst «Sultan» zurückgeführt werden, der 1912 geboren wurde. Weisse Pferde gibt es auch beim arabischen und englischen Vollblut.

Auch Schweine sind weiss
Auch andere weisse Tiere tummeln sich durch unseren Alltag – was viele Menschen nicht wissen: «Unsere Hausschweine haben auch eine Mutation im KIT Gen, die weisse Farbe bewirkt», so Tosso Leeb, die Haut ist somit hell, die wenigen Borsten weiss. Bestimmt sei diese Farbmutation auch spontan entstanden, «heute wird sie aber gezielt gezüchtet – weil eine rosa Schwarte für die Konsumentinnen und Konsumenten offenbar appetitlicher erscheint».