Von der Eisenfabrik zur Denkfabrik

«Schichtwechsel»: Diesen sinnigen Titel trug das Fest in der alten von Roll-Fabrikhalle, mit welchem die Bauarbeiten gestartet wurden. Aus der ehemaligen Eisenfabrik wird ein neues Hochschulareal. Ab 2013 sollen dort 4000 Studierende Platz finden.

Von Bettina Jakob 02. November 2007

Wo früher unter schwerster Körperarbeit Stahl verarbeitet wurde, sollen bald Studierende über ihrem Stoff brüten: Das ehemalige von Roll-Areal in der hinteren Länggasse wird ab 2013 von rund 4000 Studierenden der Uni Bern und der Pädagogischen Hochschule Bern besiedelt. Mit einem Fest der besonderen Art beginnen nun die Bauarbeiten an der Fabrikstrasse. Nicht sang- und klanglos wurde die Schicht gewechselt – sondern mit einem von 18 Uhr bis nach Mitternacht ununterbrochenen, von Musikern zu Orchestern und Bands weitergegebenen Ton.


Die von Roll-Halle erstrahlte in buntem Licht… 


…und Musik-Klänge ertönten mal aus dieser Ecke, mal aus diesem Winkel.

Gut für die Wirtschaft des Kantons Bern

Durch die letzten Stunden der alten Weichenbauhalle, in der 1894 die erste Schicht der Eisen- und Stahlverarbeitung der Firma von Roll AG begonnen hatte, führte der Berner Musiker und Komponist Simon La Bey. Hunderte von Sängerinnen und Musikern – von Jazz über Swing zu Klassik und Ska – sorgten für einen besonderen Abschied der langen Geschichte der von Roll AG. Die Berner Baudirektorin Barbara Egger-Jenzer und Erziehungsdirektor Bernhard Pulver informierten zwischen den Tönen über die härteren Fakten des Ausbaus der Hochschulen Bern.

Regierungsrätin Egger-Jenzer freute sich, dass dank der neuen Nutzung des Areals die verzettelten Hochschulstandorte in der äusseren Länggasse konzentriert werden könnten. «Eine blühende Fabrik der schweizerischen Stahlindustrie ist nicht mehr», sagte Regierungsrat Pulver an der letzten Nachtschicht. Nachdem die Stahlbauten aus dieser Fabrikhalle «zur Steigerung des Bruttosozialprodukts des Kantons Bern» beigetragen hätten, würden dies nun die Studierenden und Hochschulmitarbeitenden tun, «durch den Transfer von Wissen und Technologie zur Wirtschaft.»


Der Ton hielt ununterbrochen – bis zum Schichtwechsel.

Aussen alt, innen neu

So werden die Um- und Neubauten beim Bremgartenwald, entworfen von den Zürcher Architekten Giuliani und Hönger, aussehen: Die alte Fabrikhalle wird zum gemeinsamen Hörraumzentrum für die PHBern, die Philosophisch-humanwissenschaftliche Fakultät und das Departement für Sozialwissenschaften der Uni Bern. Aussenfassade, Fenster und Dach sollen unverändert erhalten bleiben, erst die zwei Baukuben mit sieben Hörräumen im Innern werden davon zeugen, dass die Fabrik zum Denken und nicht zur Eisenverarbeitung genutzt wird. Der viergeschossige Neubau nebenan wird eine Länge von 100 und eine Breite von 80 Metern haben. Im Untergeschoss ist eine gemeinsame Bibliothek mit 400 Leseplätzen für die Studis geplant. Das Hörraumzentrum soll bereits 2010 in Betrieb genommen werden. Die Kosten für den Bau belaufen sich auf rund 240 Millionen Franken.


So sieht die Zukunft aus: Neubau (rechts) und umgebaute Weichenbauhalle. (Bild:zvg)

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