Was in den Schweizer Betten tatsächlich abgeht
Was Sie schon immer über Sex wissen wollten, aber nie zu fragen wagten: Eine brandneue Studie der Berner Psychologen liefert Anworten. Die Daten wurden auch zu einem Dok-Film verarbeitet: Zu sehen am Montag, 2. April, um 22.20 Uhr auf SF 1.
Hätten Sie gedacht, dass sich nur 60 Prozent der Schweizer Frauen als «ausschliesslich heterosexuell» bezeichnen? Rund ein Drittel kann sich ein Stelldichein mit einer anderen Frau vorstellen – oder hatte bereits eines…Die Berner Psychologin Dania Schiftan hat in ihrer Liz-Arbeit das «Sexualverhalten in der deutschsprachigen Schweiz» unter die Lupe genommen. 6350 Frauen und Männer aus allen Altersklassen, drei Viertel davon in einer festen Beziehung, gaben in der Internet-Umfrage des Psychologischen Instituts der Uni Bern Auskunft über Themen wie Lustlosigkeit, vorzeitige Ejakulation, Treue, Onanie, Homosexualität und sexuelle Gewalt. Schiftan will in ihrer Studie einen Überblick «über möglichst viele Facetten der Sexualität» geben. Das Schweizer Fernsehen zeigt einige davon heute Abend in Bild: Auf dem Programm steht der Dok-Film «Sex – was wirklich läuft» von Pino Aschwanden. Der Film basiert auf Schiftans Daten.
Lustlos oder zu schnell
Der Hintergrund der Umfrage: «Ich will den Schweizerinnen und Schweizern vermitteln, dass das, was sie tun oder erleben, normal ist», erklärt Dania Schiftan. «Das von den Medien vorgegaukelte, stets pricklende Sexleben existiert nicht.» Die Berner Psychologin führt einige Ergebnisse aus der Studie an: 20 Prozent der Befragten klagen über Probleme während ihren Schäferstündchen – wenn es denn überhaupt soweit kommt: Viele Frauen kämpfen nämlich mit Lustlosigkeit und/oder sie erleben keinen Orgasmus. Die Männer geben in den gleichen Bereichen Schwierigkeiten an, allerdings gerade entgegengesetzte: Zu starkes sexuelles Verlangen und vorzeitiger Samenerguss. 12 Prozent der Teilnehmenden leiden oder litten nach eigenen Angaben «stark bis sehr stark» unter diesen Problemen, 2 von 100 Personen sind deswegen gar in Behandlung. Allerdings sei unklar, ob es sich dabei um eine klinische Störung handle, so Schiftan.
Die Liebe zählt!
Doch der gelegentlichen Bett-Flaute zum Trotz: Drei Viertel der Frauen und zwei Drittel der Männer geben an, sich in ihrer Beziehung wohlzufühlen und ihren Partner zu lieben. Eine Partnerschaft macht also zufrieden? Die Singles bestätigen diese Annahme: Mehr als die Hälfte vermisst eine feste Partnerin – vielleicht nicht zuletzt wegen der Erotik: Die Alleinstehenden haben nämlich weniger Bettgeschichten – der grösste Teil der sexuellen Aktivitäten findet in festen Beziehungen statt.
Erschreckende Angaben
«Die Schweizer Zahlen liegen im europäischen Schnitt», fasst die junge Psychologin zusammen. Keine grossen Überraschungen also – und doch regen einige Angaben zum Nachdenken an. Zum Beispiel das Risikoverhalten: 75 Prozent der Probandinnen und Probanden sind zwar der Meinung, dass ihr Sexualverhalten im Hinblick auf eine Infektion mit HIV nicht risikoreich sei. Aber ein Fünftel der Befragten hat beim ersten Mal nicht verhütet. «Solche Angaben sind erschreckend», findet Schiftan. Ebenso die hohe Zahl der «strafbaren Handlungen gegen die sexuelle Integrität»: 25 Prozent der Frauen und 6,5 Prozent der Männer wurden mindestens einmal zu sexuellen Handlungen gezwungen: In 66 Prozent dieser Fälle wurde ein Machtverhältnis ausgenutzt, in 33 Prozent der seelische Druck, ein Viertel der Betroffenen erfuhr körperliche Gewalt, ein Drittel wurde vergewaltigt, ein Viertel bedroht.
Sex vor dem TV
«Es braucht noch gezieltere Forschung», ist die Berner Psychologin überzeugt. Gerne will sie sich hinter eine Dissertation machen – sofern die nötigen Mittel zusammengebracht würden –, um sich noch intensiver mit den gewonnenen Daten auseinanderzusetzen. «Solche Erhebungen erlauben schliesslich die Bedarfsklärung – man kann erkennen, wo zum Beispiel vermehrt Präventionsarbeit geleistet werden könnte.» Doch erst ist Sex angesagt: Heute Abend vor dem Fernseher, punkt 22.20 Uhr.