Klimatologen blicken nun 800'000 Jahre zurück

Die heutige CO2-Konzentration in der Atmosphäre ist über 28 Prozent höher als je zuvor in den letzten 800'000 Jahren. Das Journal «Nature» widmet diesen Ergebnissen, die mit Berner Beteiligung zustande kamen, die Titelseite und einen Kommentar.

Von Bettina Jakob 15. Mai 2008

nm. Im Rahmen von EPICA («European Project for Ice Coring in Antarctica») drang ein internationales Forscherteam mit Berner Beteiligung in der Antarktis 2004 in eine Tiefe von 3’270 Metern vor. In diesem Eisbohrkern ist die Information über acht vollständige Eiszeitzyklen enthalten. An der eingeschlossenen Luft wurden nun die ältesten Konzentrationen von Kohlendioxid (CO2) und Methan (CH4) gemsssen – rund 800'000 Jahre zurück. Zwei Studien des «Oeschger Zentrums für Klimaforschung» der Universität Bern und des «Laboratoire de Glaciologie et Géophysique de l'Environnement», Grenoble (Frankreich) sind nun in «Nature» als Titelgeschichte publiziert. Die Forschenden schliessen aus den Resultaten, dass sich abrupte Klimaschwankungen mit grosser Wahrscheinlichkeit bereits vor 770'000 Jahren ereignet haben.

Dünnschliff eines Eisbohrkerns im polarisierten Licht
Dünnschliff eines Eisbohrkerns aus einer Tiefe von 114 m zeigt im polarisierten Licht Grenzen der Eiskristalle und Gasblasen. Bild: S. Kipfstuhl, AWI Bremerhaven und B. Stauffer, Uni Bern

Neue Einblicke dank hoher zeitlicher Auflösung

Im Weiteren untersuchten sie den vollständigen CH4-Datensatz über die letzten 800'000 Jahre aus dem geborgenen Eisbohrkern. Die hohe zeitliche Auflösung in Zeitabschnitte von jeweils rund 380 Jahren erlaubt erstmals einen Einblick in natürliche Klimaschwankungen, die von mehreren Jahrhunderten bis hin zu ganzen Eiszeitzyklen von 100'000 Jahren dauerten. Dabei wurden die Variationen, die durch die Schiefe der Erdachse und der Richtungsänderung der Erdrotation verursacht werden, in den letzten 400'000 Jahren deutlich stärker. Daraus folgern die Forscher, dass seither Monsun-Strömungen in den Tropen stärker geworden sind.

Die in «Nature» veröffentlichten Daten liefern neue Eckwerte in der Diskussion über das Ausmass und die Bedeutung des gegenwärtigen Anstieges der Treibhausgase durch die Verbrennung fossiler Brennstoffe und die Änderung der Landnutzung. Die heutigen CO2-Konzentrationen in der Atmosphäre sind über 28 Prozent höher als je zuvor in den letzten 800'000 Jahren. Methan ist heute um über 124 Prozent höher als je zuvor in den letzten 800'000 Jahren.