Ballonfahrt in die Stratosphäre
Den Berner Weltraumforschern steht eine besondere Mission bevor – sie führt für einmal nicht ins All, sondern «nur» in die Stratosphäre: Auf einer Pionier-Ballonfahrt in 40 Kilometer Höhe testen die Physiker ihre Instrumente. Der Startschuss in Schweden fällt in den nächsten Tagen – je nach Wetter.
Die Startrampe befindet sich auf 67.84° Nord, 20.41° Ost – mitten im schwedischen Niemandsland. Vorgesehene Strecke: Von Kiruna innerhalb einer Woche über Grönland nach Kanada. Geplante Flughöhe: 40 Kilometer, hoch oben in der Stratosphäre. Das wird eine Ballonfahrt der besonderen Art für die Berner Physiker, obwohl unter diesen Extrem-Bedingungen keiner von ihnen mitfliegen kann. Einziger Passagier ist eine 100 Kilogramm schwere Kiste mit dem neuartigen, computergesteuerten Massenspektrometer der Abteilung für Weltraumforschung und Planetologie der Uni Bern. «Das Instrument kann ein zehnmal umfassenderes Spektrum der molekularen Massen von Luftbestandteilen auflösen als die bisherigen Geräte», erklärt Peter Wurz, Leiter der Expedition, stolz. Geplanter Start der Mission ist an diesem Wochenende – je nach Wetter.

Test für künftige Mars-Missionen
Der wissenschaftliche Flug mit dem Heliumballon soll neue Erkenntnisse über die Luftzusammensetzung in der Stratosphäre liefern. «Wir hoffen, mehr über die chemischen Vorgänge zu erfahren, die für den Abbau der Ozonschicht, welche in dieser Höhe unter Einfluss der UV-Strahlung gebildet wird, verantwortlich sind», fasst der Expeditionsleiter das Ziel der Mission zusammen. Das ist jedoch nur die halbe Wahrheit: «Wir wollen damit unser Massenspektrometer testen», gibt Wurz zu. In der Stratosphäre herrschen mit 10 Millibar Druck und minus 40°Celsius vergleichbare Bedingungen wie auf der Oberfläche des Mars.

Und hier liegt das wahre Interesse von Physiker Peter Wurz: Er will wissen, welche atmosphärischen Konditionen auf anderen Planeten herrschen, und das Massenspektrometer soll später mit einer Sonde auf der Marsoberfläche zum Einsatz kommen. Die Berner Weltraumforscher sind zum Beispiel an der aktuellen «Venus Express»-Mission und an «Mars Express»-Missionen der ESA beteiligt.
Getragen vom polaren Wirbel
Die Vorbereitungen neben der Startrampe in Kiruna laufen auf Hochtouren, «jetzt muss nur noch das Wetter mitspielen». Und dieses ist bei dieser Mission einer der wichtigsten Faktoren, wie Wurz erklärt: Damit der 200 Meter hohe, mit Helium gefüllte Ballon zügig auf die gewünschte Höhe kommt, darfs am Starttag weder Niederschlag noch Wind haben. Und die Ballon-Expedition kann nur im Juni stattfinden, da nur zu dieser Zeit im Jahr der so genannte polare Wirbel, ein Kreiswind, weht, der den Ballon auf der gewünschten Route bewegen soll. Damit wird das Zeitfenster eng – und macht die Forscher etwas nervös. Zusammen mit den Bernern fiebert das «Esrange Space Center» mit, eine Forschungsstation, welche von der ESA und der Schwedischen Regierung betrieben wird.

Ein Pionierflug auf der Nordhalbkugel
Während die Wissenschaft bereits Routine in der Atmosphärenforschung über der Antarktis hat, ist dies der erste Ballonflug auf der Nordhalbkugel, der im Sommer stattfindet. Sowohl für die Berner wie für das «Esrange Space Center» ist die geplante Mission mit dem Namen MEAP/P-BACE («Mars Environment Analogue Platform» und «Polar Ballon Atmospheric Composition Experiments») also ein Test. Bei dem beide Lager gewinnen: «Esrange erhält mit dem Spektrometer einen Testpassagier, und wir einen Billig-Flug zum Instrumenten-Check», so Wurz.