Die Uni Bern macht noch mehr Theater
Der Kanton steigt aus – dafür steigt die Uni Bern ein: Sie schafft zwei neue Forschungsstellen an der Schweizerischen Theatersammlung. Gleichzeitig erhält die Sammlung mit Heidy Greco-Kaufmann vom Institut für Theaterwissenschaft eine neue Leiterin.
65’000 Theaterbände und Programmhefte, 6000 Bühnenbilder und Kostüme und über eine halbe Million Presseausschnitte: Die Schweizerische Theatersammlung (STS) in Bern ist die einzige Institution, die das helvetische Theaterwesen dokumentiert. «Das Archiv ist ein wichtiger wissenschaftlicher Hilfsdienst für das Institut für Theaterwissenschaft an der Uni Bern», sagt Heidy Greco-Kaufmann. Die Germanistin und Theaterexpertin übernimmt ab diesem Januar die Leitung der Sammlung und löst damit den fast 30 Jahre amtierenden Direktor und Geschäftsführer der Stiftung, Prof. Dr. Martin Dreier, ab. Mit dieser Neuerung ist auch gleich eine zweite verbunden: Ab jetzt zahlt der Kanton Bern keine Betriebsbeiträge an die Stiftung mehr – dafür berappt die Uni Bern eineinhalb Forschungsstellen, die der Sammlung zur Verfügung stehen.

Kostüm aus dem Nachlass des Bassbaritons Georges Baklanoff (1882 - 1938) für die Titelfigur von Modest Mussorgsky's Oper «Boris Godunow». (Bilder: Theatersammlung)
Sammlung wichtig für die Uni
«Die Uni hat grosses Interesse daran, dass die Theatersammlung funktioniert», sagt Christoph Pappa, Generalsekretär der Uni, zum Engagement der Hochschule. Pappa unterstützt Grecos Meinung, dass das Theaterarchiv ein wichtiger Fundus für die theaterwissenschaftliche Forschung an der Uni Bern sei. Somit tragen ab diesem Jahr die Uni und der Bund die Sammlung. Der Kanton Bern streicht aufgrund eines längst gefällten Grossratsentscheids aus Spargründen seinen Beitrag an die Stiftung, die Stadt Bern hat sich bereits vor sechs Jahren aus der Finanzierung verabschiedet. Beide (ehemalige) Trägerinnen und Mitglieder der Stiftung betonten, eine Schweizerische Sammlung müsse auch ausschliesslich von der Eidgenossenschaft getragen werden. Die Stadt zahlte einst rund 90’000 Franken an die Sammlung, der Kanton unterstützte sie mit rund 180’000 Franken im Jahr.

Modell der Berner Alternativ-Spielstätte «Altes Schlachthaus» (Massstab 1:20), gebaut 1979 vom Bühnenbilder Werner Hutterli.
Neues Berner Projekt in Planung
Trotz der Unterstützung der Uni Bern stellen sich der Theatersammlung weiterhin Probleme, wie Heidy Greco-Kaufmann ausführt: Die 150 Stellenprozente werden nämlich für die Leitung und Forschung eingesetzt; doch in der Dokumentation und Bibliothek mangelt es an Ressourcen. «Unter dem Strich fehlen rund 100’000 Franken», so Greco. Die Theaterwissenschaftlerin will denn auch versuchen, den Kanton erneut zur Mitarbeit zu motivieren. Sie plant ein Projekt mit mehreren Dissertandenstellen zur «Berner Theatergeschichte vom Mittelalter bis heute». Greco hofft, dass unter dem Strich genügend Geld zusammen kommt, um diese «einzigartige Sammlung» aufrechtzuerhalten. Eine Evaluation des Schweizerischen Wissenschafts- und Technologierats habe der Theatersammlung vor eineinhalb Jahren schliesslich das Prädikat «hervorragend» gegeben.