Die schwierige Balance zwischen Geld und Geist

Im Wettbewerb um Studierende und erstklassige Forschungskräfte sind die Universitäten gefordert, nach unternehmerischen Kriterien zu handeln. Wird die Alma mater damit zu einem Unternehmen wie jedes andere auch? Diese Frage wurde am Forum für Universität und Gesellschaft diskutiert.

Von Astrid Tomczak 17. April 2008

«Ein Unternehmer, der sich nicht traut, Bereiche zu schliessen, hätte am Markt keine Chance.» Ein einleuchtender Satz – doch bezogen auf die Universität hat er Konfliktpotenzial. Das weiss auch Alfred Gutschelhofer, Rektor der Karl-Franzens-Universität Graz. In seinem Referat zum Thema «Unternehmen Universität» am Forum für Universität und Gesellschaft schiebt er denn gleich noch einen Satz nach: «Diese Maxime geht an einer Universität vielleicht etwas zu weit.» Soll heissen: Wissenschaftliches Treiben ist nicht immer auf den ersten Blick rentabel und hat dennoch eine Daseinsberechtigung. Allerdings ist die Universität heute gehalten, unternehmerisch zu handeln.

«Es gibt nirgends so viele Bedenkenträger wie an einer Universität.»: Alfred Gutschelhofer, Universität Graz. (Bilder: Martina Güntert)

Was das bedeutet, weiss Gutschelhofer aus eigener Erfahrung: Im Jahr 2003 wurden die österreichischen Universitäten «in die Autonomie entlassen». An die Stelle der zentralen Verwaltung rückten Leistungsvereinbarungen mit 3-Jahres-Globalbudgets. Damit hat die Selbstverantwortung innerhalb der Universität zugenommen und man muss sich Gedanken darüber machen, wie man die Mittel am sinnvollsten einsetzt.

Kritische Entscheidungsträger

Für Graz bedeutete dies beispielsweise eine Bündelung der Kräfte in den Naturwissenschaften. So war früher die Chemie an vier verschiedenen Bereichen angesiedelt – heute gibt es die «Nawi» Graz in Kooperation mit der Technischen Universität. «Der Universität wars zuträglich – aber die Physiker mögens bis heute nicht», erklärte Gutschelhofer lakonisch und kam damit zu einem wichtigen Punkt der Diskussion um die Zukunft der Universitäten. «Es gibt nirgends so viele Bedenkenträger wie an einer Universität. Wir haben gelernt, zu kritisieren – aber nicht, zu entscheiden.» Zumindest für Gutschelhofer selber dürfte diese Einschätzung nicht zutreffen. Der gelernte Betriebswirt arbeitete zunächst in einer Unternehmensberatung und bei Daimler-Benz, bevor er an die Universität zurückkehrte.

Er musste feststellen: «Forscherinnen und Forscher, die sich ihr ganzes Leben in einem Schulsystem bewegt haben, haben einen ganz anderen Zugang. Eine simple Budgetfrage kann einen ganzen Tag beanspruchen.» Trotzdem: «Ich bin ein Verfechter der Autonomie. Sie eröffnet uns neue Möglichkeiten», so Gutschelhofer. Auch in finanzieller Hinsicht: So ist der Universität Graz gelungen, Reserven aufzubauen, die beispielsweise für die Anstellung von Topforschern benutzt werden könnten.

«Die Universität muss die Absolvierenden auf die Arbeitswelt vorbereiten.»: Jürg Segmüller, Credit Suisse.

Der Wettbewerb um die Besten

Topleute sind ein wichtiger Standortvorteil. Dies wurde auch beim zweiten Referat deutlich: Jürg Segmüller, Direktor Credit Suisse Bern, erklärte: «Die CS sucht ihren Nachwuchs weltweit.» Angesichts des «Arbeitskräftevorrats» in den aufstrebenden Ländern Asiens –  man denke etwa an die Flut von indischen Programmierern und chinesischen Doktoranden – müssten die Universitäten besondere Anstrengungen unternehmen, den eigenen Nachwuchs zu fördern. «Die Universität muss über die Rolle der Wissensproduzentin hinauswachsen und die Absolvierenden auf die Arbeitswelt vorbereiten.» Die Wirtschaft könne dazu Hand bieten, indem sie beispielsweise Praktika anbiete oder gemeinsam mit den Universitäten Kompetenzzentren bilde. Als Beispiel einer gelungenen Vernetzung von Wirtschaft und Wissenschaft nannte Segmüller das «Swiss Finance Institute», ein Lehr- und Forschungsinstitut das 2006 von Finanzinstituten in Kooperation mit den Universitäten gegründet wurde.

Geld und Geist standen sich an diesem Abend nicht unversöhnlich gegenüber. Es wurde aber deutlich, dass beide Seiten an den jeweiligen Partner und sich selbst Wünsche und Forderungen haben, die nicht einfach zu erfüllen sind. Viele (offene) Fragen – viele Denkanstösse: Das Forum wurde seinem Namen gerecht – ein Marktplatz der Meinungen, des Austauschs zu sein.