Aeschbacher und die kleinen Geheimnisse der Uni

Von Bonsai-Bäumen, Göttern, Dekanen und einem Raubtierdompteur: Ungewohnte und witzige Töne waren am Eröffnungsevent zum 175-Jahr-Jubiläum der Uni Bern im gut besetzten Kultur-Casino zu hören. TV-Moderator Kurt Aeschbacher erlaubte einen etwas anderen Blick hinter die Kulissen der Alma mater.

Von Bettina Jakob 12. März 2009

Endlich ist geklärt, wer der wichtigste Mann an der Uni Bern ist. An der Eröffnungsveranstaltung zum 175-Jubiläumsjahr überging Moderator und TV-Mann Kurt Aeschbacher kurzerhand den Rektor, den Regierungsrat, die Dekanin und die Dekane der acht Fakultäten, und bat den König der Hörsäle auf die Bühne des Kultur-Casinos: Jakob Mosimann – seit 28 Jahren Hauswart im Berner Wissenstempel und verantwortlich für die Hörraumzuteilung. Schnell war allen klar: Ohne Mosimann und seine Truppe würden die Hörsäle im Hauptgebäude, übersät mit Kaffeebechern und Gratis-Zeitungen, zu Müllhalden verkommen. Und die Professorinnen und Dozenten ob dem Ausbleiben der Projektionen auf der Leinwand verzweifeln: «Weil sie meistens vergessen, den Beamer einzuschalten», sagt Jakob Mosimann lakonisch, der dann jeweils zu Hilfe eilt. «Ja, man muss geduldig sein», stellte Mosimann fest.

Kurt Aeschbacher im Gespräch mit Jakob Mosimann (rechts), dem König der Hörsäle. (Bilder: Manu Friederich)
Kurt Aeschbacher im Gespräch mit Jakob Mosimann (rechts), dem König der Hörsäle. (Bilder: Manu Friederich)

Der Rektor als «Raubtierdompteur»

Eine rund 600 Individuen zählende Herde zerstreuter Lehrpersonen auf der einen Seite, nicht zu unterschätzende Politiker auf der anderen, dazwischen rund 13000 Studierende: In eine solche Arena gehört denn auch ein «Raubtierdompteur», wie sich Aeschbacher an Urs Würgler wandte, seines Zeichens Rektor und passionierter Jäger: «Macht es Spass Rektor zu sein?» Würgler lachte und gestand: «Ja, es kommt vor.» Ganz bestimmt an diesem Abend, der den rund 800 Gästen Leben und Leute seiner 175 Jahre alten Uni auf etwas unkonventionelle Art näher bringen sollte. 

Politik und Uni beim gemeinsamen Applaus: Regierungsrat Bernhard Pulver (links) und Rektor Urs Würgler.
Politik und Uni beim gemeinsamen Applaus: Regierungsrat Bernhard Pulver (links) und Rektor Urs Würgler.

Keine Volluniversität ohne Gott und Kühe

Zwischen leichten Plaudereien blitzten immer wieder die grossen Themen der Uni Bern auf: Wie viel Autonomie sie erhalten soll. Und ob sie als Volluniversität erfolgreich sein kann. «Wie lange basteln Sie noch am neuen Hochschulgesetz, Herr Pulver?», wollte Aeschbacher von Regierungsrat Bernhard Pulver wissen, der schliesslich eine Vernehmlassung in den nächsten Wochen ankündigte. Er wisse um die Wichtigkeit der Selbstverantwortung der Uni Bern, damit an der Alma Mater Bernensis weiterhin «die Gesellschaft und Wirtschaft der Zukunft» entstehen könne. 

Scheinbare Einigkeit herrschte im Talk mit der Dekanin und den Dekanen denn über die eingeschlagene Richtung der Volluni Bern: Das Spektrum der Fächer solle erhalten bleiben, denn «ohne Gott und Kühe kann man nicht erfolgreich sein», stellte Martin George, Dekan der Theologischen Fakultät, mit Anspielung auf die beiden kleinsten Fakultäten Theologie und Tiermedizin, fest. Karénina Kollmar-Paulenz, Dekanin der Philosophisch-historischen Fakultät, doppelte nach: Man könne nicht einfach Fächer abschaffen, wenn sie vielleicht grad mal nicht modern seien.

Die Professur und der Egoismus

Auch in anderen Dingen stimmten Dekanin und Dekane überein, nämlich in der Bedeutung ihrer Funktion. Im Gemischtwarenladen den Überblick behalten, wie Aeschbacher in Talkjargon übersetzte. «Die Motivation in der Fakultät aufrecht erhalten», wie Günter Heine von den Rechtswissenschaften betonte. Nicht immer einfach, wie Winand Emons von der Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Fakultät gestand: «Ja, Professoren sind manchmal ausgesprägte Egos.» Ein Stichwort, das der Talkmaster gleich vertiefte: «Und gerade Ihre Wissenschaft hat versagt, Herr Emons», war sein Kommentar zur Wirtschaftskrise. Die Menschen seien zu gierig geworden, führte Emons aus, und zwar alle. Ausserdem seien viele Banker ausgebildete Juristen. Ein lockerer Seitenhieb auf Kollege Heine. 

Glamour und Witz im Casino: eine würdige Eröffnung zum 175-Jahr-Jubläum.
Glamour und Witz im Casino: eine würdige Eröffnung zum 175-Jahr-Jubläum.

Von weissen Göttern und Bonsai-Bäumchen

Gekonnt nahm Kurt Aeschbacher stets wieder Kurs in seichtere Gewässer. Das Publikum vernahm so Interessantes, aber auch Sonderbares. Etwa Metaphysisches von Medizin-Dekan Peter Eggli, der erklärte, dass die berühmten Götter in Weiss nicht existierten: «Ich habe noch nie einen Gott gesehen.» Rolf Becker von der philosophisch-humanwissenschaftlichen Fakultät teilte der TV-Mann eine «staatstragende Rolle» zu, da er – oder zumindest die Sportwissenschaften an seiner Fakultät – verantwortlich für die Medaillen der Schweizer Skirennfahrer sei. Urs Feller von der Philosophisch-naturwissenschaftlichen Fakultät erklärte nebenher, «warum man Stroh unter und Heu vor die Kuh schiebt». (Wegen dem unterschiedlichen Nährstoffgehalt nach dem Trocknen, Anmerkung der Red.) Geschickt versuchte Kurt Aeschbacher den Botaniker mit Vetsuisse-Vorsteher Andreas Zurbriggen zu vernetzen, mit dem Tiermediziner, der zu Hause Bonsai-Bäumchen züchtet.

Facebook mit Aeschbacher

Modern und vernetzt zeigte sich die Uni auch in zwei Beispielen ihrer Forschung: Die Hightech-Medizin hat ein Hörimplantat entwickelt, das Taube wieder hören lässt. Und eine Lizarbeit über Facebook, die virtuelle Freundesplattform, zeigt: Mitglied Kurt Aeschbacher mit seinen rund 3000 verlinkten Freunden ist 50 mal beliebter als der durchschnittliche Facebook-Nutzer. «Aber auch rund 50 Jahre älter», wie der junge Forscher Jahan Wenger mit studentischem Witz bemerkte.

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