Der etwas andere Supermarkt

Viele Kunden und höherer Umsatz als Spiegelbild der schlechten wirtschaftlichen Lage: Immer mehr Menschen sind von Armut betroffen und kaufen im Caritas-Markt ein. Auch Studis dürfen unter gewissen Voraussetzungen das Angebot nutzen.

Von David Fogal 19. November 2009

Der Caritas-Markt in Bern ist ein unscheinbares Lebensmittelgeschäft und auf den ersten Blick kaum als solches zu erkennen. Auch im Innern sieht es nicht aus wie in einem gewöhnlichen Supermarkt: Keine Einkaufswagen, piepsenden Scanner und Förderbänder. Stattdessen hat es eine kleine Kaffeeecke, wo Kundinnen und Kunden gratis Kaffee oder Tee trinken und sich austauschen können. Der Caritas-Markt entspricht mehr dem familiären Quartierladen. Er ist anders – nicht nur was das Erscheinungsbild betrifft, sondern auch in Bezug auf die Ein- und Verkaufspolitik und die Kundschaft.

Viele Produkte für wenig Geld 

Schweizweit gibt es 17 Caritas-Märkte. Sie bieten Waren des täglichen Bedarfs kostengünstig an. Darunter fallen Grundnahrungsmittel, Hygieneprodukte, aber auch Babynahrung und frisches Gemüse. Das umfassende Angebot ist nur dank vielen Lebensmittel-Lieferanten möglich, die ihre Produkte gratis oder zu sehr tiefen Preisen dem Caritas-Markt überlassen. Die Produkte stammen aus Falschlieferungen, schadhaften Serien, Liquidationen oder Überproduktionen. Ein «Schoggiosterhase» im Herbst ist keine Seltenheit. Alle Lebensmittel im Caritas-Markt sind jedoch von einwandfreier Qualität und mit gültigem Datum.

Grundnahrungsmittel sind immer vorhanden. Reis, Mehl, Zucker oder Milch werden quersubventioniert oder für ein Jahr von Unternehmen oder Organisationen gesponsert. Nur dank diesen sogenannten Produkt-Patenschaften können gemäss Wolfgang Neubauer viele Artikel zu Tiefstpreisen angeboten werden: ein Kilo Zucker kostet nur gerade einen Franken. Die Preise müssen niedrig sein, da Armutsbetroffene einen kleinen Spielraum für Ausgaben haben. Für einen Durchschnittseinkauf geben sie rund 12 Franken aus. Produkte über fünf Franken werden kaum gekauft. Trotz der finanziellen Engpässe der Menschen «geben wir im Prinzip nichts gratis ab», erklärt Wolfgang Neubauer. Die Kundinnen und Kunden des Caritas-Markts erhalten keine Almosen und werden wie «normale» Kunden bedient.