Hauptgebäude und UniS: Das Tor zur Länggasse

Zum 175-Jahr-Jubiläum hat die Abteilung Architekturgeschichte und Denkmalpflege des Instituts für Kunstgeschichte die Unigebäude in den Fokus gerückt. Der Rundgang «Repräsentationsbau und Umnutzung» führte ins Hauptgebäude und in die UniS. Die nächste Führung findet am 8. Mai statt.

Von Hannah Dotzauer 04. Mai 2009

Nachmittags auf der grossen Schanze: In der Ferne sieht man die Berge unter einem Streifen blauem Himmel, doch über dem Hauptgebäude ballen sich dunkle Wolken. Wie lange wird das Wetter halten? Die rund 30 Interessierten, die sich zum Architekturgeschichts-Rundgang eingefunden haben, sind zwar nur notdürftig mit Schirmen ausgerüstet, aber zuversichtlich. Doch kaum hat Michaela Gruber auf den Stufen vor dem Haupteingang mit ihren Ausführungen begonnen, setzt der Regen ein. Also nimmt sie die Gruppe ins Innere des Hauptgebäudes und auf eine Zeitreise mit: Sie erzählt, unter welchen Umständen das Hauptgebäude entstand, und wie es kam, dass das ehemalige Frauenspital heute die Rechts-, Wirtschafts- und Sozialwissenschaften beherbergt.

Hauptgebäude der Universität Bern
Hoffnungsvoller Blick nach oben: Baugeschichte im Nieselregen. Bild: do

Mobilitäts-Boom, Bau-Boom, Wissens-Boom

«In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts war Bern im Auf- und Umbruch», sagt Gruber. Viele neue Gebäude entstanden, die Rolle der Eisenbahn wurde immer bedeutender, und auch das Wissen boomte. In jener Zeit brachte Jakob Stämpfli den Standort des heutigen Hauptgebäudes ins Spiel. Die beiden Architekten Alfred Hodler und Eduard Joos gewannen den Architekturwettbewerb mit dem historistischen Bau, der den Repräsentationsbauten seiner Zeit durchaus ähnelte: Wer seinen Blick über die Fassade wandern lässt, wird Stil-Elemente der Neo-Renaissance und des Neo-Barocks entdecken. Doch das Hauptgebäude hob sich damals von klassischen Hochschulbauten wie etwa Sempers Polytechnikum in Zürich ab: Durch seine abgewinkelten Seitenflügel brach es mit der Tradition. Das Hauptgebäude wirkt sehr repräsentativ, und weil es die strenge Rechtwinkligkeit durchbricht, passt es sich in die Umgebung ein. Der Bau wurde von 1900 bis 1903 ausgeführt, also rund 70 Jahre nach der Universitäts-Gründung. Gemeinsam mit der Generaldirektion der SBB und dem ehemaligen Frauenspital bildet das Hauptgebäude den Eingang zum Länggassquartier.
 

UniS
Wie die UniS früher aussah: Michaela Gruber zeigt Grundrisse und Fotos. Bild: do

Alt und Neu: Unterschiede und Gemeinsamkeiten

Das frühere Frauenspital ist die nächste Station des Rundgangs:
Die UniS präsentiert sich mit klareren Formen als das Hauptgebäude. Aus dem ehemaligen Frauenspital hätte eigentlich der Sitz der kantonalen Steuerverwaltung werden sollen. Doch noch bevor der Umbau fertig war, war die Umnutzung beschlossen. So kam es, dass 2005 die Uni ins Gebäude an der Schanzeneckstrasse einzog und dort die Rechts-, Wirtschafts- und Sozialwissenschaften unterbrachte.

Die spannende Kombination von Alt- und Neubau lässt auf den ersten Blick sowohl Ähnlichkeiten als auch Unterschiede erkennen: Der ursprüngliche Bau zur Stadt hin wie auch das neue Gebäude dahinter erscheinen blockhaft und klar. Allerdings zeigt der Neubau durch die weisse Fassade und die schwarzen Fensterrahmen stärkere Kontraste; auch das Flachdach und die unregelmässig angeordneten Fenster, die bündig mit der Fassade abschliessen, unterscheiden ihn vom ursprünglichen Gebäude. Hier harmonieren Alt und Neu. Vom Garten aus sieht man die Ergebnisse dieser verschiedenen Bauphasen einträchtig nebeneinander stehen.
 

Gebäude der UniS bei Nacht
Weisse Fassade und schwarze Fensterrahmen: Der Neubau der UniS schafft Kontraste. Bild: AK

Aufschlussreich und ungezwungen

Hier endet die Führung – anderthalb Stunden und etliche Regenschauer später. Alle haben durchgehalten und sind immer noch guter Dinge. «Ich bin Architektin und wohne ganz in der Nähe», erzählt eine Teilnehmerin. «Deshalb war die Führung für mich doppelt aufschlussreich. An diesen Gebäuden geht man ja täglich vorbei, aber weiss eigentlich nichts über ihre Geschichte.» Eine junge Frau, welche die Stattland-Rundgänge leitet, die im Rahmen des Jubiläums auf dem Unigelände stattfinden, sagt: «Auf unseren  Führungen geht es eher um die Geschichte der Uni im Allgemeinen. Architektonisch bekam ich jetzt einen tieferen Einblick.» Und ein anderer Teilnehmer fügt hinzu: «Ich finde die Rundgänge sehr gut, weil sie so ungezwungen sind. Man muss sich nicht vorher anmelden, sondern kann einfach zum Treffpunkt kommen.»

Hannah Dotzauer ist Studentin und Redaktorin des unikum, dem Magazin der StudentInnenschaft der Uni Bern (SUB).


Kommende Führungen: Für alle, die auch an der Geschichte interessiert sind, welche die Unigebäude zu erzählen haben: Am 8. Mai gibt es einen Rundgang «Vom Bühlplatz zur Unitobler», und am 15. Mai heisst die Führung «Exakte Wissenschaften und Engehalde».