Haus der Performance
Statt Seminare und Tagungen belebten für einmal Performance-Künstlerinnen und -Künstler die ehrwürdigen Räume im Haus der Universität. Rund 80 Neugierige folgten den Darbietungen im einmaligen Ambiente in und um die alte Kochervilla.
Bjørn Strømme’s Aufwand hält sich in beschaulichen Grenzen: Er empfängt sein Publikum in einem komplett unveränderten Konferenzraum und bittet es, hinter Block und Bleistift Platz zu nehmen. «Audiencework Nr. 10 – Dictation» so der Titel. Und genau dies wird es: ein Diktat. Nicht der Künstler, das Publikum soll performen und Leistung zeigen. «Bitte schreiben Sie Ihren Namen oben rechts aufs Blatt», fordert Strømme nach kurzer Begrüssung. Gelächter, aber auch Unsicherheit: Da ist es wieder, das beklemmende Gefühl beim Diktat in der Grundschule - und der Wunsch, bei der Nachbarin Unterstützung zu finden. Erstaunlich, wie schnell längst vergangenes Erleben reaktiviert werden kann.

Kooperation Uni – Kunsthochschule
Während fast vier Stunden zeigen neun Studierende der Hochschule der Künste Bern HKB ihre performativen Arbeiten. «Es ist die erste Kooperation zwischen Universität und Kunsthochschule in dieser Form», erläutert Initiant Thomas Schönberger vom Institut für Kunstgeschichte der Universität. «Mit den Künstlergesprächen erreichen wir ein eher gesetztes Publikum, aber jetzt sind viele junge Leute ins Haus der Universität gekommen.» Franticek Klossner, Dozent für Performative Künste und Organisator, zeigt sich über den neuen Spielort begeistert: «Das Haus der Universität bietet die unterschiedlichsten Atmosphären; das passt zu den verschiedenen Arbeiten und taucht jede in ein besonderes Licht.»
Tätowieren im Salon
Davon profitieren Andreas und Christian Egli. Sie haben einen eleganten Salon ausgeräumt und dem Raum durch chirurgie-ähnliche Gerätschaften eine medizinische Stimmung verliehen. Wie heute bei Operationen üblich, wird die Handlung per Videokamera in den Nebenraum übertragen. Das Publikum kann entscheiden, ob es direkt oder indirekt an der Handlung teilhaben will. Christian Egli streift sich Gummihandschuhe über und entnimmt dem von Bruder Andreas gereichten Gefäss ein Schweineherz. Es wirkt rein, blutet jedenfalls nicht mehr. Mit einem Tätowiergerät prägt Egli Buchstabe um Buchstabe ins Herz, wischt es ab, prägt weiter. Auf der Leinwand im Nebenraum werden die Worte dank Videovergrösserung langsam ersichtlich: «Who’s your nurse, dad?» Geheimnisvoll. Unklar. Im Gespräch ist zu erfahren, dass die Krankenschwester die Geliebte des Vaters war. Damals, vor Jahren. Die Eglis prägen jetzt ins Schweineherz, was ihnen früher eingeprägt wurde.
Diese Tätowierung gehts ans Herz: Die Brüder Christian (vorne) und Andreas Egli in Aktion.
Gespräche auf der Terrasse
Beim Haus der Universität stehen die Türen und Fensterflügel an diesem Sonntag weit offen. Zwischen den Performances sind Leute im Gespräch oder wandeln allein durch den herrlichen Garten. Schönberger und Klossner sind sich einig: Die Kooperation von Universität und Kunsthochschule ist erfolgreich gestartet. Und sie soll nach Möglichkeit weitergeführt werden; gerne wieder im Haus der Universität. Klossner ist begeistert: «Das Team des Hauses hat die Studierenden unterstützt, immer wurde nach Möglichkeiten gesucht, Ideen auch in diesen edlen Räumen umsetzten zu können.» Kein Zweifel: Der frühere Hausbesitzer und Nobelpreisträger Theodor Kocher wäre ob so viel Performance begeistert.
Tag der Performance
Am Tag der Performance im Haus der Universität mitgemacht haben: Anja Braun; Alain Jenzer; Marinka Limat & Nicolas Müller; Bjørn Strømme; Andreas & Christian Egli; Niklas Leifert; Stephan Stock. Organisation: Franticek Klossner (HKB) und Thomas Schönberger (Universität Bern).