Kleine Geschichten jenseits des grossen Teichs

«Bern-Amerika: einfach!» Das ist der Titel der etwas anderen Ausstellung der Uni Bern im HaberHuus in Köniz. Neun Holzkisten mit überraschendem Inhalt und schauspielende Studis setzen Berner Auswanderer-Schicksale lebhaft in Szene.

Von Bettina Jakob 24. April 2009

Für einmal wird die Aare zum Atlantik, und das HaberHuus in Köniz ist Le Havre. Tatsächlich lässt sich ein Hauch des wilden Hafentreibens erfühlen, wie es vor drei, vierhundert Jahren am Pier der grossen Dampfer geherrscht haben muss: Uniformierte Kontrolleure patrouillieren, Gesindel, in Lumpen gehüllt, streunt herum, erbettelt Geld oder gar Übersee-Fahrkarten. Heute sind dies die begehrten Gratis-Tickets zur Ausstellung «Bern – Amerika: einfach». Die Ausstellung des Instituts für Englische Sprachen und Literaturen der Uni Bern anlässlich des 175-Jahr-Jubiläums widmet sich den Auswanderer-Schicksalen der Vergangenheit und der Gegenwart. Thema sind auch die daraus entstandenen Beziehungen zwischen dem Kanton Bern und Nordamerika. Die Wander-Ausstellung findet dieses Wochenende in Köniz statt, an den kommenden Wochenenden gastiert sie in Thun und in Langenthal.

Ticketverkauf
Dubiose Gestalten versuchen sich eine Überfahrt zu erschleichen: Szenen zur Ausstellung «Bern-Amerika: einfach!» Bilder: Manu Friederich

Geschichten aus neun Kisten

«Die Füchs habe eine Grube, doch wir haben keine Höhle.» Nicht jeder Brief der im 19. Jahrhundert ausgewanderten Bernerinnen und Berner enthielt verheissungsvolle Nachrichten, wie Virginia Richter, Projektleiterin und geschäftsführende Direktorin des Instituts an der Eröffnung sagte. Nicht für alle entpuppte sich Amerika als das Land der unbegrenzten Möglichkeiten. Neun Übersee-Kisten aus solidem Holz enthalten Geschichten und Gegenstände der Bernerinnen und Berner, welche ihre Heimat verliessen und für neues Glück über den grossen Teich segelten.

Mark Streit und Ursi National

Als Geschichten-Erzählerinnen und Schauspieler setzen die Anglistik-Studierenden, welche das Projekt auch auf die Beine gestellt haben, verschiedene Berner Schicksale unterhaltsam und lebhaft in Szene: Etwa die garstige Lage der Wiedertäufer, die ab dem 16. Jahrhundert regelrecht nach Amerika abgeschoben wurden, das Abenteuer Peter Rindlisbachers aus dem Eggiwil, der als Indianer-Maler bekannt wurde oder die Geschichte Diebolds von Erlach, der 1564 als erster Schweizer in den USA anlegte. Auch Sport ist ein Thema hat doch Bern etwa mit Mark Streit, der als Topskorer bei den New York Islanders die Tore schiesst, einen der bekanntesten Schweizer Eishockeyspieler in der NHL. Für den Glamour von Hollywood steht die Garderobe von Ursula Andress, die von Ostermundigen direkt in einem James Bond-Film landete, vor Ort.

Kiste
Sesam öffne dich: Neun Kisten enthüllen wilde, traurige und schöne Geschichten von Berner Auswanderern.

Tatsachen und Meinungen

Wer auf eine der stündlichen Überfahrten zur Ausstellung wartet, erfährt in der Abreisehalle am Pier einiges über Fiktionen und Realität: Filminterviews zeigen die Vorstellungen, die Bernerinnen und Berner heute von Amerika haben. Auf Dias sind Auszüge aus Dokumenten der frühen Auswanderer zu lesen. So beklagt der eine die üblen Zustände auf der rund siebenwöchigen Überfahrt, wo niemand mit einem Mitleid hatte. Und einer will «seinen Lebtag nie wieder in das Schweizerland zurückkehren».

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