«Drei, zwei, eins − Fire!»
Ist das Universum unendlich? Gibt es Ausserirdische? Im Rahmen des Projekts «Rent a Teacher» der Weltraumforschenden zum Uni-Jubiläum wurde Physiker Peter Wahlström von drei Klassen aus Burgdorf mit Fragen gelöchert. Er erzählte ihnen Geschichten aus dem alten China und liess mit ihnen Raketen steigen.
Die Berner Physikerinnen und Physiker haben alle Hände voll zu tun. Ihr Projekt «Rent a Teacher» zum 175-Jahr-Jubiläum der Uni Bern ist ein voller Erfolg. Spezialistinnen und Spezialisten der Abteilung Weltraumforschung und Planetologie besuchen Schulen im Kanton Bern, erklären den Schulkindern in zwei Lektionen die Grundsätze des Raketenbaus und lassen mit ihnen Raketen steigen. Nach diesem Crashkurs sollen sie selber eine Rakete bauen können – die schönsten Modelle werden von einer Jury ausgewählt und am 20. Mai an der BEA am Finale teilnehmen. Gewinnen wird die Rakete, welche am schönsten und höchsten fliegt. Insgesamt wurden nahezu 100 Lektionen mit mehr als 1900 Schülern gebucht. Da heisst es für alle Mitarbeitenden der Abteilung: Ran an die Säcke.
Im kleinen Experiment erfahren, warum die grossen Raketen fliegen. (Bild: Manu Friederich)
Schwarzpulver in China und Instrumente aus Bern
Auch Peter Wahlström leistet jetzt Überstunden. Er doktoriert am Physikalischen Institut und wurde für ein paar Schulstunden eingeteilt. An einem der ersten Frühlingstage besucht er drei Klassen in Burgdorf. Die 4.- bis 6.-Klässler sind konzentriert am Rechnen, als er das Zimmer betritt. Lehrerin Silvia Luginbühl geht von Pult zu Pult und hilft den Schülern bei den Aufgaben. In einer Ecke sitzen ein paar Eltern, die dabei sein wollen, wenn in der Schule Raketen gezündet werden.
Als Wahlström mit seiner Powerpoint-Präsentation beginnt, schauen alle 19 Schüler gespannt auf die Leinwand. Sie erfahren, dass die ersten Raketen im 13. Jahrhundert in China aus Schwarzpulver hergestellt wurden. Es folgen Videos von gescheiterten Raketenversuchen der Deutschen in den 1940er Jahren. Einige explodieren, bevor sie abheben, andere steigen zwar steil nach oben, verglühen aber in einer gewaltigen Feuerwolke. Schliesslich sieht man Bilder der ersten Mondlandung und eine Simulation einer Ariane-Rakete, wie diese wissenschaftliche Instrumente ins All bringt, welche in Bern konstruiert wurden.
Rauch im Klassenzimmer: Peter Wahlström und eine Schülerin bringen Zündhölzer zum Fliegen. (Bild: Res Mettler)
Streichholzraketen selbst gemacht
Nach der Präsentation können sich die Schüler gleich selbst als Raketenbauer versuchen. Aus einem Streichholz, einem Stück Alufolie und einer Nadel basteln alle eine Mini-Rakete. Die werden nun von den Schülerinnen auf die Startbahn gelegt und gezündet. Es stinkt nach Schwefel. Alle Modelle zischen und rauchen, aber nur wenige schaffen es über die Startbahn hinaus. Das Rekord-Streichholz fliegt ganze fünf Meter durch den Raum. Wahlström erklärt den Kindern, wieso die Hölzchen fliegen: «Bei der Verbrennung entstehen heisse Dämpfe, die durch einen Alukanal am Streichholz entlang gegen hinten entweichen: Das Hölzchen wird mit derselben Kraft nach vorne katapultiert, wie die Gase nach hinten ausgestossen werden. Richtige Raketen funktionieren nach demselben physikalischen Prinzip.»
Ab geht die Rakete
Nun geht es richtig zur Sache. Die Schüler versammeln sich auf einer Wiese hinter dem Schulhaus, wo Wahlström eine Petflasche in die Luft gehen lässt: Er montiert eine Art Velopumpe an der Flasche und füllt diese solange mit Luft, bis es unten den Zapfen rausjagt und die Plastikrakete fünf Meter in die Luft hoch fliegt. Raunen geht durch die Reihen der Schüler. Nun füllt der Physikdoktorand die Petflasche zu einem Drittel mit Wasser und wiederholt das Experiment. Das Wasser gibt der Flasche grössere Schubkraft, sie steigt ganze 30 Meter hoch. Jetzt kreischen manche Schüler vor Erstaunen und Begeisterung. Doch der Höhepunkt des Vormittags steht ihnen noch bevor: Eine Rakete mit einem richtigen Sprengsatz. Wahlström verlegt die Zündkabel und ein Schüler wird auserkoren. Alle anderen entfernen sich einige Meter vom Startplatz. Drei, zwei, eins – der Schüler drückt auf «Fire», und die Rakete zischt unter grossem Jubel in den Himmel.
Und plötzlich wird eine PET-Flasche zum Flugkörper. (Bild: Manu Friederich)
Was Hänschen nicht lernt…
Lehrerin Sandra Luginbühl ist vom Projekt «Rent a Teacher» begeistert: «Ich habe meine Klassen angemeldet, weil Kinder und insbesondere Mädchen zum Bereich Technik oftmals keinen Zugang haben. Später bei der Berufswahl, trauen sie sich die technischen Berufe nicht zu. Deshalb muss man das Thema früh angehen.» Die Schülerinnen und Schüler waren von Anfang an mit Freude und Einsatz dabei. Der elfjährige Fabian will nun selber eine Rakete bauen und meint: «Es geht mir beim Wettbewerb nicht darum, zu gewinnen, aber Spass soll es machen.» Und was hat er diesen Vormittag alles gelernt? «So viel, dass ich es gar nicht aufzählen kann.»
Res Mettler ist Student und Redaktor des unikum, des Magazins der StudentInnenschaft der Uni Bern (SUB).