Uni Bern und Armee sammeln Zecken
Viele Zecken sind Überträger von Krankheitserregern. Wo die Parasiten gefährlich sind, soll bald eine präzise Gefahrenkarte zeigen. Die Uni Bern, die Uni Neuenburg und das VBS führend dazu die schweizweit erste Zeckensammlung durch.
Es ist Frühling, es wird warm, alles blüht, die Natur erwacht – mit ihr auch die Zecken. Die kleinen Ektoparasiten kriechen durch das feuchte Unterholz und warten auf mögliche Wirte: streunende Hunde, Spaziergängerinnen und nackte Jogger-Beine. Mit ihrem Biss können die vier Millimeter grossen Achtbeiner die Erreger der Frühsommer-Meningoenzephalitits (FSME), einer Hirnhautentzündung, übertragen. «Jährlich werden in der Schweiz 100 bis 150 Krankheitsfälle gemeldet», sagt Mikrobiologin Rahel Gäumann vom Institut für Infektionskrankheiten der Uni Bern. Auf solchen Krankheitsdaten wurden bisher auch die Gefahrenkarten entworfen, die zeigen, in welchen Gebieten der Schweiz die Zecken dieses Virus in sich tragen und in welchen nicht.

Diese Angaben sind aber gemäss Gäumann nicht befriedigend: «Im Gegensatz zu Frankreich, Deutschland und Österreich hat die Schweiz keine Daten, die auf der tatsächlichen Infektionsrate der Zecken basieren.» Das ändert sich jetzt: Gäumann führt im Rahmen ihrer Dissertation eine schweizweite Zeckensammlung durch. Lanciert hat diese Studie das LABOR Spiez des Eidgenössischen Departementes für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport; im Weiteren wird sie durch das Institut für Zoologie der Uni Neuenburg unterstützt.
Sammeln an 200 Standorten
Damit steht die Schweizer Armee in der nächsten Zeit im Dienste der Forschung: Die Sammlung an 200 Standorten in der ganzen Schweiz wird vom 22. April bis am 6. Mai durchgeführt. «Rund 60 Soldaten sind im Einsatz», wie Virologe Christian Beurret vom LABOR SPIEZ sagt. Gäumann führt die Vorgehensweise aus: Die Soldaten werden mit weissen Frotteetüchern durch die Wälder streifen – gemäss VBS mit Rücksicht auf Vegetation und Wildtiere. Die Zecken bleiben im faserigen Gewebe hängen und werden mit einer Pinzette abgepflückt. Im Labor erfolgt schliesslich der Nachweis auf den FSME-Erreger; bisherige Schätzungen gehen davon aus, dass bis rund drei Prozent der Zecken dieses Virus in sich tragen.

Immer mehr Zecken wegen Klimawandel
Die rund 20 Zeckenarten der Schweiz können aber auch noch andere Erreger – Bakterien und Protozoen – auf Mensch und Tier übertragen: In einem Viertel bis zur Hälfte aller Zecken wird etwa das Bakterium vermutet, welches die Borreliose auslösen kann. Auch mit der gefürchteten Hasenpest kann man durch den Zeckenstich infiziert werden: «Ein seltener, aber gefährlicher Erreger, der in die Gefahrenklasse 3 eingestuft wird», wie Virologe Beurret erläutert. Aufgrund der sich ändernden Umweltbedingungen breiteten sich die Zecken, und damit auch die mit Krankheitserregern infizierten, immer weiter aus, weiss Gäumann: «Höchste Zeit für eine präzise Gefahrenkarte.»
Erste Resultate im Herbst
Diese Karte wird am Schluss des dreijährigen Projektes im Jahr 2010 vorliegen: Beruhend auf den tatsächlichen Daten, an welchen Standorten wieviele Zecken Krankheitsträger in sich tragen – und nicht auf Krankheitsfällen: «Bisher kann es sein, dass eine Bernerin in Thun unbemerkt von einer Zecke gebissen wird, dann in Bern zu Arzt geht – und schliesslich dort als Krankheitsfall unter Bern registriert wird.» Erste Resultate erwartet Mikrobiologin Gäumann in diesem Herbst.