Wie Wissen den Weg in die Wirtschaft findet
Lehrstühle mitfinanzieren? Ausbildung mitgestalten? An einer Veranstaltung des Forums für Universität und Gesellschaft (FUG) suchten Unternehmer und Uni-Vertreterinnen nach Lösungen, um den Wissens- und Technologietransfer von der Forschung in die Wirtschaft zu verbessern.
Wirtschaft. Wissenschaft. Politik. Nur wenn diese Drei zusammenspannen, kann der Kanton Bern erfolgreich bestehen. Mit dieser Meinung leitete Grossrätin Franziska Stalder-Landolf das Gespräch des Forums für Universität und Gesellschaft (FUG) ein, welches den «Fokus auf die Verbindung zwischen wirtschaftlicher und akademischer Welt als einer wesentlichen Triebfeder für die regionale Prosperität» richten sollte. Franziska Stalder-Landolf ist eine Vertreterin der parlamentarischen Gruppe Universität des Grossen Rates, und entsprechend der Thematik hatten sich neben Politikern und Politikerinnen auch Persönlichkeiten aus Uni und Unternehmertum zum Anlass eingefunden.

Die drei Referenten Herbert Reutimann, Geschäftsführer von Unitectra, Willy Michel, Verwaltungsratspräsident Ypsomed AG und Gunter Stephan, Vizerektor Lehre der Uni Bern, gingen Fragen nach wie: Was fördert oder hemmt die Kooperation zwischen Uni und den Unternehmen? Wie lässt sich die Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft und Wirtschaft nachhaltig organisieren – und welche Rolle spielen die politischen Rahmenbedingungen?
Uni Bern mit guter Stellung
Herbert Reutimann von Unitectra erläuterte, wie gut die Uni Bern bereits heute mit der Wirtschaft kooperiert, sprich wie der Wissens- und Technologietransfer bei der Umsetzung von Forschungsergebnissen in Patente, Lizenzen und Firmengründungen aussieht. Er widersprach gleich der gängigen Meinung, in der Schweiz, in Bern laufe nichts. «Im letzten Jahr wurden im den Bereichen Human- und Tiermedizin und Naturwissenschaften fast 400 neue Projekte mit Wirtschaftspartnern initiiert. Diese Zahl hat sich in den letzten vier Jahren praktisch verdoppelt.» Die Uni Bern nehme innerhalb der Schweiz damit eine gute Stellung ein.

Die Uni rendiert allein durch ihre Existenz
Positiv bewertete auch Gunter Stephan, Vizerektor Lehre, seine Uni: Mit einem Anteil von rund 25 Prozent an Drittmitteln, die in die Uni fliessen, gehöre Bern «zur einsamen Spitze in der Schweiz». Zum Vergleich blickte Stephan in die USA, wo an den grossen Unis wie Harvard die 20-Prozent-Faustregel gelte. Stephan hob die wirtschaftliche Bedeutung der Uni für den Kanton Bern hervor: Jährlich würden Studierende und Angestellte rund 200 Millionen Franken hier im Kanton ausgeben. «Fast soviel also wie der Jahresbeitrag des Kantons an die Uni beträgt.» In einer Hochrechnung mit direkten und indirekten Effekten, welche die Universität auf den Kanton, seine Menschen und die Wirtschaft hat, geht der Ökonom von einer regionalwirtschaftlichen Summe von 1,3 Milliarden Franken aus: «Allein durch die Tatsache, dass die Universität Bern existiert.»
Ist ein Fonds die Lösung?
Gehen Universität und Wirtschaft also bereits Hand in Hand? Nicht immer und überall, wie Herbert Reutimann einräumte. Neben oftmaligen Unstimmigkeiten aufgrund der «verschiedenen Kulturen und Ziele» zwischen Forschenden und Firmen, tauche in bestimmten Stadien der Forschung die Schwierigkeit auf, Gelder zu finden: «Bei einem gewissen Stand der Forschung ist für viele Unternehmungen das Risiko von Investitionen noch zu hoch», weiss Reutimann – und schon fehlt den Wissenschaftlern das Geld für die Weiterarbeit, ein möglicherweise gutes Produkt bleibt auf der Strecke oder seine Entwicklung verzögert sich. Reutimann präsentierte einen möglichen Lösungsvorschlag: «Das Ziel der Uni ist es, diese Lücke mit einem Fonds zu überbrücken.» Geld also, das als Anschubfinanzierung einfliessen soll.

Soll die Wirtschaft mitbestimmen können?
Etwas härter ins Gericht mit der Uni ging Willy Michel, Ehrendoktor derselben und erfolgreicher Unternehmer aus dem Espace Mittelland: «Eine bedarfsgerechte Ausbildung und Forschung könnte die Zusammenarbeit von Uni und Wirtschaft wesentlich verbessern.» Wo heute Professoren über Inhalt von Lehre und Forschung bestimmen, forderte Willy Michel, explizit provokativ, das Mitspracherecht von Unternehmen; etwa so, wie es bei der Lehrlingsausbilung gehandhabt werde. Denn: «Unternehmen haben nur Erfolg, wenn sie das Bedürfnis wahrnehmen.» Ausserdem könnte gemäss Michel die konkrete Umsetzung des Wissens- und Technologietransfers durch die Mitfinanzierung von Lehrstühlen unterstützt werden. «Dann müssten aber die zahlenden Firmen eine Steuererleichterung erfahren.»
Und die Autonomie der Uni?
Diese vorgeschlagenen Massnahmen dürften aber mit der oft verfochtenen Autonomie der Universität, mit der Freiheit der Wissenschaft kollidieren. Herbert Reutimann hatte sie wie folgt beschrieben: «Die Uni muss frei sein von unmittelbaren ökonomischen Zwängen.» Die Geschichte zeige, dass es oftmals verrückte Ideen, also nicht auf den ersten Blick sinnvolle, waren, die schliesslich zu einem erfolgreichen Produkt geführt hatten.