«Der Start war überwältigend»
Als Simon Huber im Mai 2009 seine selbstgebaute Rakete an der BEA/PFERD einer Fachjury präsentierte, ahnte der Schüler nicht, dass er ein Jahr später am Cape Canaveral in Florida stehen würde. Der Gewinner des Raketenwettbewerbs der Universität Bern hat den Start der US-Raumfähre «Atlantis» hautnah erlebt.
Der Space Shuttle «Atlantis» startet nach 25 Dienstjahren und 31 Missionen zu einem letzten Flug ins All. Tausende reisen zum Cape Canaveral, um bei bestem Wetter das Spektakel vor Ort mitzuverfolgen – darunter ein 13-jähriger Junge aus dem 600-Seelen-Dorf Oppligen im Kiesental. Während seine Freunde zuhause in der kühlen und regnerischen Schweiz die Schulbank drücken, macht sich bei Simon Huber im fernen Florida allmählich eine gewisse Anspannung bemerkbar: Er wird auf der Zuschauertribüne des Weltraumbahnhofs der NASA demnächst den Boden unter seinen Füssen vibrieren spüren. In sicheren sechs Kilometern Entfernung steht die 37 Meter lange Raumfähre «Atlantis» bereit, um zu ihrer letzten Mission abzuheben.
Die Raumfähre «Atlantis» legt einen Bilderbuchstart hin. (Bilder: zvg)
Stolze Amerikaner
Zum ohnehin bewegenden Erlebnis mag zusätzlich beitragen, dass die US-Amerikaner auf der Zuschauertribüne Minuten vor dem Start ihre Nationalhymne anstimmen – mit der Hand auf dem Herz selbstverständlich. Dann ist es soweit: «Beim Start war es recht laut und die riesige Rauchwolke hat man danach noch lange sehen können», erinnert sich der Oberstufenschüler an den aufregenden Moment und schwärmt: «Ich war überwältigt.»
Der Start hat den Sieger des Raketenwettbewerbs, den die Universität Bern anlässlich ihres 175. Jubiläums letztes Jahr durchgeführt hatte, zwar am meisten fasziniert. Der dreitägige Aufenthalt im Kennedy Space Center der NASA, der US-Bundesbehörde für Luft- und Raumfahrt, umfasste aber weit mehr. So besichtigte Simon Huber in Begleitung seiner Eltern auch die Abschussrampe sowie die Landebahn. «Sehr beeindruckt war ich vom enorm grossen Fahrzeug, das den Shuttle zur Startrampe transportiert», berichtet der technisch interessierte Teenager. Im Besucherzentrum der NASA konnte die Familie Huber ausserdem einen Space Shuttle aus nächster Nähe und sogar von innen betrachten.
Und er war wirklich dort: Simon Huber vor der Startrampe.
Mit 160 Metern zum Sieg
Verdient hat sich Simon Huber den von der Europäischen Weltraum-Agentur (ESA) gestifteten Besuch bei der NASA mit dem Bau einer eigenen Rakete. Hunderte von Berner Schülerinnen und Schülern hatten letztes Jahr selber Raketen gebastelt. Doch jene des 13-Jährigen war hinsichtlich Originalität, Qualität und Flugeigenschaften von der Jury zur besten ihrer Kategorie erkoren worden. «Meine Rakete flog mit einem B 4-4 Treibsatz ausgerüstet 160 Meter hoch», weiss Simon Huber noch ganz genau.
Der Siebtklässler eignete sich das nötige Wissen für den Raketenbau in der Schule an. Seine Klasse hatte sich am Projekt «Rent a Teacher» der Universität Bern beteiligt und von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern der Abteilung Weltraumforschung und Planetologie einen Crashkurs in Raketenbau erhalten. Er habe zusätzlich einen Hobbyraketenbauer um Rat gefragt und anschliessend seine Idee auf Papier aufgezeichnet. «Mein Vater hat mir dann beim Bau der Rakete geholfen und bei der Wahl der Materialien ein paar Tipps gegeben», blickt der Modellflugzeug-Fan auf sein Raketenprojekt zurück. Und würde er die «SIM 01» heute nochmals bauen, wüsste Simon Huber auch um eine mögliche Verbesserung: «Ich würde versuchen, dem Fallschirm mehr Platz zu geben, damit er sich besser entfaltet.»
Die Rakete, die den Wettbewerbsgewinner nach Florida brachte.
Wenn die «Atlantis» zur Erde zurückkehrt, hat der Schulalltag Simon Huber schon längst wieder eingeholt. Die Erinnerungen an das aussergewöhnliche Erlebnis dürften ihn aber noch länger begleiten. Und vielleicht werden seine jüngsten Erfahrungen dem aktiven Pfadfinder ja eines Tages in der einen oder anderen Form bei der Verwirklichung seines Berufswunsches von Nutzen sein: Zwar nicht Raketen-, aber Bootsbauer will er werden.