Auch Wasserdampf trägt zum Klimawandel der letzten 20 Jahre bei
Wasserdampf ist das häufigste Treibhausgas in der Erdatmosphäre – sein Einfluss auf die Klimaerwärmung ist bis anhin jedoch nur ansatzweise verstanden. Klimatologen berechnen nun erstmals den Beitrag des sich verändernden Wasserdampf-Gehalts in der Stratosphäre zur globalen Erwärmung der letzten 20 Jahre.
Die Erde erwärmt sich: Heute ist die globale Temperatur höher als in der wärmsten Periode der letzten tausend Jahre – mit spür- und sichtbaren Folgen für Mensch und Tier. Der Grossteil der Erwärmung ist auf die Erhöhung der Treibhausgas-Konzentration in der Atmosphäre, vor allem des CO₂, zurückzuführen. Die Rolle von Änderungen im Wasserdampf-Gehalt in der Atmosphäre – insbesondere in der Stratosphäre – ist bislang nur ungenügend erforscht. In einer in «Science Express» veröffentlichten Studie quantifizieren nun Klimaforschende von der «National Oceanic and Atmospheric Administration» (NOAA) und den Universitäten Bern und Boulder (USA) erstmals den Einfluss von Änderungen im stratosphärischen Wasserdampf auf die globale Erwärmung der letzten 20 Jahre. Die Arbeit liefert eine mögliche Erklärung, warum die Temperaturen in den letzten zehn Jahren nicht gleich stark gestiegen sind wie in den 1980er und 1990er Jahren – trotz weiter ansteigenden CO₂-Konzentrationen.
Eisige Temperaturen ohne Wasserdampf
Wasserdampf zählt zusammen mit Kohlendioxid, Methan und Lachgas zu den natürlichen Treibhausgasen, die eine wichtige Funktion innehaben: Sie halten die von der Erdoberfläche Richtung Weltall ausgestrahlte Wärme zurück und erwärmen damit die Erde. Ohne diesen Effekt läge die Temperatur auf der Erde bei kalten -18 °C, und nicht bei den gewohnten rund +15 °C. Die so verursachte Temperaturerhöhung wird als natürlicher Treibhauseffekt bezeichnet, und nur durch diese wärmende Wirkung wird Leben auf der Erde erst möglich. Der vom Menschen verursachte Anstieg der Treibhausgase sorgt nun aber für eine Verstärkung des Treibhauseffekts. Dies führt seit Beginn der Industrialisierung zur beobachteten langfristigen Temperaturerhöhung.
Ungeklärte Abnahme des Wasserdampfs
Der Wasserdampfgehalt der Atmosphäre wird wesentlich durch die Temperatur bestimmt: Je höher die Temperatur, desto mehr Wasserdampf. Diese positive Temperatur-Wasserdampf-Rückkopplung hat laut Forschungsteam dazu beigetragen, dass die Erderwärmung in den 1980er und 1990er Jahren höher war, als alleine aufgrund der Zunahme von CO₂ und anderen Treibhausgasen zu erwarten gewesen wäre. Satellitendaten belegen, dass der Gehalt von Wasserdampf in jenen Jahren anstieg – dann allerdings aus bisher noch ungeklärten Gründen seit dem Jahr 2000 um rund zehn Prozent gefallen ist. Diese abrupte Abnahme hat gemäss Autoren Folgen: Die globale Temperatur ist über die letzten 10 Jahre nicht mehr so stark angestiegen wie zuvor.
Wasserdampf beeinflusst unser Klima nachhaltig
Dieser Effekt von Änderungen in der stratosphärischen Wasserdampf-Konzentration auf die globale Temperatur wurde nun in einem vereinfachten Klimamodell getestet, das am Physikalischen Institut der Uni Bern entwickelt wurde. Modellsimulationen zeigen, «dass die Abnahme im stratosphärischen Wasserdampf seit dem Jahr 2000 den Temperatur-Anstieg, der aufgrund der Zunahme von CO₂ und anderen Treibhausgasen zu erwarten gewesen wäre, um bis zu 25 Prozent reduziert haben könnte», erklärt Gian-Kasper Plattner, Klimaforscher an der Uni Bern und Mitautor der Studie.
Die Studie zeigt auch, dass möglicherweise die in den 1990er Jahren beobachtete Zunahme in der stratosphärischen Wasserdampf-Konzentration wesentlich zur Erwärmung an der Erdoberfläche mitbeigetragen hat. Der mit dem Berner Klimamodell errechnete Anstieg der globalen Temperatur in dieser Periode sei «um 30 Prozent grösser als alleine aufgrund des Anstiegs von Treibhausgas-Emissionen erwartet werden konnte», so die Forschenden. Die Mechanismen und Ursachen hinter diesen Wasserdampf-Änderungen können sie jedoch mit den vorliegenden Beobachtungen und Modellsimulationen noch nicht abschliessend erklären.