Mehr Freiheiten und noch mehr Qualität

Die Uni Bern ist in Bewegung: Sie erhält mehr Gesetzesfreiheiten, holt wichtige Forschungsprojekte auf den Platz, will das Bologna-System flexibler gestalten. An der Jahresmedienkonferenz zog die Universitätsleitung eine positive Bilanz der laufenden Geschäfte.

Von Bettina Jakob 16. September 2010

Eine eigene Rechnung führen, die Professorinnen und Professoren selber wählen und weiterhin bei der Bestellung der Unileitung mitreden: All dies kann die Universität Bern dank des teilrevidierten Universitätsgesetzes, das der Grosse Rat des Kantons Bern verabschiedet hat. Dieser Rahmen verbessere die Aktivitäten der Uni in verschiedener Hinsicht, wie Rektor Urs Würgler an der Jahresmedienkonferenz der Universität Bern erfreut bekannt gab: «Wir sind mit den Neuerungen sehr zufrieden– wir erhalten eine grössere Flexiblität und können unsere Abläufe effizienter gestalten.»


Erfreut über den neuen gesetzlichen Rahmen: Uni-Rektor Urs Würgler. (Bilder: Manu Friederich)

Die erfolgreichen Berner Forschenden

Erfreuliches meldete der Uni-Rektor auch aus der Forschung: Zwei der insgesamt acht neuen Nationalen Forschungsschwerpunkte (NFS) werden in Bern angesiedelt, einen davon führt die Uni Bern gemeinsam mit der ETH Zürich. Der eine Schwerpunkt befasst sich mit der Erforschung von Proteinen zwecks Medikamenten-Entwicklung, der andere mit ultraschnellen Prozessen in Molekülen; in einem dritten NFS arbeitet die Universität Bern massgeblich mit. Dieser Erfolg komme nicht von ungefähr, so Würgler: «Wir ermuntern die Forschenden kräftig, sich für solche Projekte zu bewerben, und wir unterstützen sie dabei.»

Auch in anderen Forschungsbereichen baut die Uni Bern aus: Soeben wurde das «Zentrum für Nachhaltige Entwicklung und Umwelt» eröffnet, und das neue eidgenössische Kompetenzzentrum für Menschenrechte wird von der Uni Bern aus koordiniert. Geplant ist weiter die Gründung eines Zentrums für Regionalwissenschaften, das sich fakultätsübergreifend mit ökonomischen, ökologischen, sozialen und politischen Themen von Regionen und ihren Vernetzungen beschäftigen wird. «Damit bleibt die Forschung national, aber gleichzeitig auch regional und lokal ausgerichtet», betonte Urs Würgler vor den Medien.


Will die Qualität noch mehr sichern: Martin Täuber, neuer Vizerektor Forschung.

Neues System sichert die Qualität

Mehr Forschung – und noch mehr Qualität: Im kommenden Jahr wird die Universität Bern ein neues System zur Evaluation und Qualitätssicherung einführen. «Wir wollen unser Forschungsprofil pflegen», sagt der neue Vizerektor Forschung, Martin Täuber. «Die Beurteilungen werden es erlauben, Stärken, aber auch Defizite in der Forschung zu analysieren.» Das neu konzipierte System umfasst zum Beispiel verschiedene Parameter wie Drittmittel, Patente, Abschlüsse und auch eine Datenbank, in welcher unter anderem alle Publikationen der Uni erfasst werden – jährlich sind dies rund 4000. Mit solchen Merkmalen soll die Qualität der Uni Bern evaluiert und gesichert werden. Das System wird ab 2011 starten.

Bologna besser machen

Verbesserungen soll es gemäss Gunter Stephan, Vizerektor Lehre, auch in der Lehre geben: Die Universitätsleitung will das Bologna-System in einem demokratischen Prozess «entschulen». Sie hat dazu eine Arbeitsgruppe eingesetzt, die aus Vertreterinnen und Vertretern der Fakultäten, des Mittelbaus und der Studierenden besteht. Bereits angewiesen hat die Unileitung die Dekane, für die Vorlesungen keine Anwesenheitspflicht mehr vorzusehen. Mit solchen Massnahmen will die Uni Bern noch attraktivere Bedingungen für die Studis schaffen. Dass sie bereits eine ausgezeichnete Wahl für die akademische Ausbildung ist, zeigen die neuesten Zahlen: Im Herbstsemester 2010 werden 14'396 Studentinnen und Studenten an der Alma mater bernensis immatrikuliert sein – wieder mehr als im letzten Jahr.


Heisst ausländische Studierende willkommen: Gunter Stephan, Vizerektor Lehre.

Kapazitätsgrenze bald erreicht

Diese frohe Botschaft macht der Unileitung aber auch Sorgen, so Stephan: «Mit den jährlichen steigenden Studierenden-Zahlen nähern wir uns der magischen Grenze von 15'000 Immatrikulierten.» Das sei die Kapazitätsgrenze, bis zu welcher eine optimale Ausbildung und Betreuung der Studierenden bei gleich bleibenden Mitteln gerade noch möglich sei.

Kein Kopfzerbrechen hingegen macht der steigende Anteil ausländischer Studierender – von einer Überfremdung will Gunter Stephan nichts wissen; die Unileitung strebt weiterhin einen Anteil von 15 Prozent bei Masterstudierenden an (heute 10 Prozent): «Internationale Studierende gehören zu uns, sie beleben die Hörsäle, und die Schweizerinnen und Schweizer können von neuen Netzwerken durch diese Bekanntschaften profitieren», so Stephan.