«Hervorragende Jobaussichten» für Promovierte
Ein Doktorat ist eine lohnende Investition in die eigene berufliche Zukunft. Dies legt eine Studie des Instituts für Erziehungswissenschaft der Universität Bern nahe. Gemäss den Ergebnissen schützt eine Promotion vor Arbeitslosigkeit und führt zu einer adäquaten beruflichen Tätigkeit.
Studieren und doktorieren sind in der Schweiz beliebter denn je: Die Zahl der Universitätsabsolventinnen und -absolventen ist zwischen 1995 und 2007 um mehr als 100, jene der Doktorate um 25 Prozent gestiegen. Die Schweiz belegt mit Blick auf die Doktorierendenquote einen internationalen Spitzenplatz. Da stellt sich die Frage, inwiefern der Arbeitsmarkt diesen Zustrom hochqualifizierter Arbeitskräfte aufzunehmen vermag. Gemäss der jüngsten Studie «Panorama der Hochschulen» des Bundesamts für Statistik befinden sich gut zwei Drittel der Schweizer Hochschulabsolventen ein Jahr nach ihrem Abschluss in einer erfolgreichen Berufssituation. Wie die Karrieren von promovierten Akademikerinnen und Akademikern im Speziellen verlaufen, hat die Bildungssoziologin Sonja Engelage vom Institut für Erziehungswissenschaft der Universität Bern erstmals für die Schweiz untersucht.
Promotion nicht immer gefordert
Im Fokus der Studie «Promotion und Karriere – Wie adäquat sind promovierte Akademikerinnen und Akademiker in der Schweiz beschäftigt?» stehen einerseits die potenzielle Gefährdung Promovierter durch Arbeitslosigkeit, andererseits die Beschäftigungsadäquanz – die Über- oder Unterqualifikation des Stelleninhabers. «Wir konnten ganz klar den Mythos widerlegen, dass Promovierte häufig als Taxifahrer enden», fasst Sonja Engelage die zentrale Erkenntnis der Studie leicht überspitzt zusammen. Mit anderen Worten: Wer eine Promotion in der Tasche hat, muss sich in der Regel keine Sorgen machen, eine seiner Qualifikation entsprechende Stelle respektive überhaupt eine Stelle zu finden. 3,4 Prozent aller 1329 Befragten übten zwar zum Zeitpunkt der Erhebung keine Erwerbstätigkeit aus, bloss ein Fünftel davon war aber tatsächlich auf Arbeitssuche.
Das Promotionsdiplom eröffnet gute Perspektiven in der Arbeitswelt. (Bild: istock)
Engelage untersuchte mit drei Dimensionen, inwiefern die von Promovierten ausgeübten Berufstätigkeiten adäquat sind. Zum einen wurden objektive Faktoren wie die im Stellenprofil geforderte Ausbildung, das Einkommen, der berufliche Status (vertikale Adäquanz) und die Übereinstimmung der Ausbildung mit den Arbeitsplatzanforderungen (horizontale Adäquanz) berücksichtigt, zum anderen die Selbstbeurteilung der beruflichen Situation (subjektive Adäquanz). Insgesamt sind über drei Viertel aller befragten Promovierten auf allen drei Dimensionen adäquat beschäftigt. Je nach Kriterium variiert der Prozentsatz jener, die inadäquat beschäftigt sind, zwischen 3,9 (horizontal) und 22,5 Prozent (vertikal). Damit ist fast jeder vierte der Befragten in seiner jeweiligen Position «überqualifiziert»; die Promotion wäre keine zwingende Voraussetzung für die Stelle gewesen. Sonja Engelage weiss diesen Umstand zu erklären: «Eine Promotion wird meistens nur in der Wissenschaft explizit verlangt, weniger dagegen auf Arbeitsmärkten ausserhalb des akademischen Bereichs.» Faktisch habe man aber auch in der Wirtschaft – vor allem in Führungspositionen – doch einen Wettbewerbsvorteil, wenn man einen Doktoratsabschluss vorweisen könne. Akademikerinnen und Akademiker verlassen nach ihrer Promotion häufig die Hochschule, um in unterschiedlichen Bereichen der Wirtschaft tätig zu sein.
Benachteiligte Frauen
Die stärkste Einflussgrösse auf die Beschäftigungsadäquanz ist der Anstellungsgrad: Teilzeitarbeit erschwert es den Promovierten, eine adäquate Stelle zu finden. Dies wiederum erklärt teilweise, weshalb Frauen generell etwas weniger häufig einer adäquaten Beschäftigung nachgehen als ihre männlichen Kollegen. Ausserdem verdienen promovierte Frauen weniger und sind subjektiv etwas weniger zufrieden mit ihrer beruflichen Situation. «Die geschlechtsspezifischen Unterschiede sind jedoch stark fachbereichsabhängig. Die Lohndifferenz ist vor allem bei Promovierten aus den Wirtschaftswissenschaften gross», so die Projektleiterin.
Die Studie «Promotion und Karriere» basiert auf einer repräsentativen Befragung von 1329 Promovierten der Universitäten Basel, Bern, St. Gallen, Zürich und der ETH Zürich im Herbst 2007 und wurde vom Schweizerischen Nationalfonds unterstützt. Die Teilnehmenden haben ihr Doktorat in den Jahren 1996 bis 2002 abgeschlossen, verfügten zum Zeitpunkt der Erhebung folglich bereits über einige Jahre Berufspraxis. Viele unter ihnen sehen in der Promotion indes nicht nur eine beruflich und finanziell lohnende Investition. «Auffallend häufig vermerkten Befragte am Ende des Fragebogens, dass die Promotion für sie auch eine Lebensschule, eine prägende Zeit ihres Lebens war», erinnert sich Sonja Engelage – selber kurz vor der Promotion stehend.