Was bei Studienbeginn vom Kindheitstraum bleibt
Traumjobs ändern sich im Verlauf der Jahre – oder auch nicht. Am Tag des Studienbeginns wird offenbar, ob Kindheitsträume mit der Wahl der Studienanfänger übereinstimmen. Daneben schlagen sich die Erstsemestrigen mit den Tücken des Studienalltags herum.
Von Kindesbeinen an stand die Studienwahl für Christof Jörg aus Riedholz fest. «In der Schule war Geographie schon immer mein Lieblingsschulfach», erklärt der Solothurner. Auch in Bezug auf seinen zukünftigen Beruf hat er klare Vorstellungen: Lehrer oder Klimawissenschaftler. Insgesamt 3'904 Erstsemestrige nehmen diesen Montag ihr Studium auf, 648 davon ein naturwissenschaftliches. Jörg ist einer von ihnen. Rektor Urs Würgler wünscht ihnen, dass das Studium den Vorstellungen der Studienanfänger entspreche: «An uns soll es jedenfalls nicht liegen, solange sie Energie und Leistungsbereitschaft einbringen», so Würgler in seiner Begrüssungsrede.
Ist seinem Kindheitstraum näher gerückt: Christof Jörg.
Nicht nur die Berufsaussichten zählen
Diese Eigeninitiative bringt Rahel Friedli aus dem zürcherischen Rickenbach mit. Dass es im Studium strenger als im Gymnasium sei, sieht sie nicht unbedingt als Nachteil. «Durch Sport kann man so viele Menschen und vor allem Jugendliche erreichen», freut sich die angehende Sportwissenschaftlerin. Vor Motivation sprüht auch der Entlebucher Mario Anz. Er ist über einen Umweg von zwei Semestern Jus zu seinem Geschichtsstudium gekommen: «Jetzt studiere ich, was mich wirklich interessiert, und nicht nur der Jobaussichten wegen», versichert Anz. Anstatt seines Berufswunsches aus der Kindheit, Jetpilot, fasst er nun eine Laufbahn als Gymnasiallehrer ins Auge.
Von frühen Historikern und späten Ärzten
Anders Maximilian Rauch aus Karlsruhe: «Seit der ersten Geschichtsstunde wusste ich, dass ich dieses Fach studieren wollte», betont er. Und vom Studium im Allgemeinen erhofft sich der Deutsche viel – die beste Zeit seines Lebens. Weniger klar sieht er hingegen seinen zukünftigen Job: «Vielleicht etwas in Richtung Politik, aber das wird sich im Verlauf des Studiums hundertprozentig ändern.» Im Gegensatz dazu kennt sein Kollege David Schmid aus dem Deutschfreiburgischen sogar schon den Ort seines künftigen Wirkens: Er will Französischlehrer am Gymnasium Hofwil werden. Dessen besondere Atmosphäre hat es ihm als ehemaliger Schüler angetan. «Jetzt nehme ich den Bildungszweig, nachdem es als Fussballprofi bei YB nicht geklappt hat», meint er lachend.
Selbst der vermeintliche Traumjob Arzt entpuppt sich nicht als eine schon in der Kindheit gefällte Wahl, zumindest nicht im Fall der Luzerner Raphael Müllner und Roger Scherer. «Ich habe mich erst vor einem Jahr für Zahnmedizin entschieden», bekennt Scherer. Ihn faszinieren die vielseitige Ausbildung und die Kombination von Wissen und manuellen Fähigkeiten. Müllner schreckt auch die Tatsache nicht ab, dass man sich nach dem Studium erst noch lange die Sporen abverdienen muss: «Der Job ist sicher und ich kann dann später eine eigene Praxis eröffnen.»
Verschiedene Stände buhlen um die Aufmerksamkeit der Erstsemestrigen.
Rettungsring für Freischwimmer
Auch Romina Herdis Kindheitstraum Tierärztin ist verblasst. Sie hat sich zusammen mit ihrer Kollegin Alena Jeremias für Psychologie entschieden und schlägt sich nun mit reichlich prosaischen Fragen herum. «Wir haben zusammen einige Stunden damit verbracht, uns für die Vorlesungen einzuschreiben und den Stundenplan auszufüllen», verrät Herdi. Nun schlendern die beiden Stadtbernerinnen durch die Stände des Campus der Gruppierungen in der UniS, um zu wissen, was neben den Vorlesungen sonst noch an der Universität läuft. Nathalie Gyser aus Fraubrunnen und Rahel Kaltenbauer aus Bäriswil wollen sich ebenfalls mit mehr Infos eindecken. «Die Ungewissheit sollte nach diesem Tag etwas schwinden», hoffen die Geografinnen in spe. Auch Mirjam Krebs wünscht sich einen besseren Durchblick: «Zurzeit bin ich am Schwimmen, und der Tag des Studienbeginns ist der Rettungsring», findet die Langenthalerin, die Allgemeine Linguistik belegen wird.
Zwei zukünftige Psychologinnen: Alena Jeremias (links) und Romina Herdi (Bilder: wem)
David Schmid stört sich nicht daran, dass der Tag des Studienbeginns nicht alle offenen Fragen beantworten kann: «Ich sehe mich selber auf einer Entdeckungsreise», sagt er. «Dass ich nicht alles weiss, ist nicht so schlecht.» Diese Unsicherheit scheint auf Christof Jörg nicht zuzutreffen – er hat sich bereits Infos für ein Austauschjahr geholt: «Kanada würde mich als Ziel reizen.»