Wem Weiterbildung nützt – und wie
Dass alle von Weiterbildung profitieren, war an der Tagung zum 20-Jahr-Jubiläum des Zentrums für universitäre Weiterbildung unbestritten. Uneinig waren sich die Teilnehmenden einer Diskussionsrunde hingegen darüber, wie dieser Nutzen konkret aussieht.
«Weiterbildung lohnt sich in jedem Fall.» Diese Erkenntnis nahm Therese E. Zimmermann, Leiterin des Bereichs Grundlagen am Zentrum für universitäre Weiterbildung (ZUW), in ihrem Vortrag unter dem Motto «Lohnen die Titel die Investitionen?» vorweg. An der Tagung zum 20-Jahr-Jubiläum des ZUW der Universität Bern ging Zimmermann zusammen mit anderen Fachleuten der Frage nach, ob Weiterbildungstitel halten, was sie versprechen.
Für Therese E. Zimmermann ist klar: Weiterbildung lohnt sich in jedem Fall. (Bilder: Alexander Egger)
Mehr Gehalt und Jobsicherheit
In ihrem Referat fokussierte die Weiterbildungsexpertin auf den Nutzen von Master of Advanced Studies (MAS). Diese Weiterbildungsangebote lassen sich aus verschiedenen Perspektiven betrachten: aus Sicht der Anbieterinnen, der Arbeitgeber oder der Absolvierenden selber. «Für Arbeitnehmer wirkt sich Weiterbildung positiv einerseits auf den Gehalt aus, indem sie zwischen 5 und 20 Prozent mehr Lohn erhalten, andererseits auch auf ihr Anstellungsverhältnis, da sie weniger Gefahr laufen, entlassen zu werden», hielt Zimmermann fest.
Unter Fachleuten sei die Tatsache unbestritten, dass Weiterbildung sowohl den Individuen als auch den Unternehmen – für diese in Form einer höheren Produktivität – etwas bringt. Uneinig sind sich nur darüber, in welchem Mass die beiden davon profitieren: «Es ist kaum 50:50, im Prinzip ziehen Unternehmen einen höheren Nutzen als der einzelne Absolvent», meinte Zimmermann.
Altersguillotine für Weiterbildung
«Ja, aus subjektiver Sicht lohnen die Titel die Investitionen», sagte Stefan Denzler, wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Schweizerischen Koordinationsstelle für Bildungsforschung, in der anschliessenden Podiumsdiskussion. Mit einer finanziellen Kosten-Nutzen-Analyse schränkte er die Aussage aber ein. «Man verdient nach einer Weiterbildung auf 100'000 Franken Jahreseinkommen durchschnittlich 7'000 Franken mehr», räumte er ein. «Der persönliche Einsatz von Schulgeld und Lernzeit macht man aber erst nach Jahren wieder wett.» Irgendwann ginge dies aufgrund des Alters nicht mehr auf, was sich an den Absolventen ablesen lasse: Nach 45 Altersjahren nimmt ihre Zahl rapide ab. Angesichts dieser geringen Rentabilität für den Einzelnen kommen laut Denzler Unternehmen nicht umhin, sich an der Weiterbildung der Arbeitnehmenden zu beteiligen.
Dieser Aufforderung stimmte Andreas Haller, Personalleiter für die Konzernbereiche der SBB, zu: «Wenn Unternehmen nicht in ihre Mitarbeitenden investieren, dann bleiben sie stehen.» Überdies lohne sich Weiterbildung zum Beispiel für die Kadernachfolge auch finanziell. Dank ihr erhalte die Firma auf einen Schlag die Person mit den gewünschten Anforderungen und spare sich teure Inserate. Auch im Anstellungsverfahren spielen Weiterbildungen eine Rolle: «Werden solche Titel als Musskriterien definiert, fallen als erste jene Kandidaten raus, welche diese nicht vorweisen können», so Haller.
Angeregte Diskussion am 20-Jahr-Jubiläum des ZUW: (v.l.) Berater Jürg Brändli, Dozentin Isabelle Romano, Personalverantwortlicher Andreas Haller und Bildungsforscher Stefan Denzler.
Zertifikat an der Wand genügt nicht
Den Wert von Weiterbildungen aus Sicht der Unternehmen zweifelte Isabelle Romano, Dozentin an der Berner Fachhochschule (BFH), jedoch an: «Der Trend geht dahin, dass Firmen den Arbeitnehmenden keine Beiträge an die Weiterbildung mehr zahlen.» Vielmehr sieht sie den Nutzen klar im persönlichen Bereich. In ihrem persönlichen Fall habe sie einerseits Netzwerke aufgebaut, andererseits Fähigkeiten wie Kommunikationsmanagement erworben, die mit ihrem Weiterbildungsfach Evaluation wenig zu tun hätten – ein «versteckter» Nutzen sozusagen.
Die Eingangsfrage gleich umformulieren zu «Lohnt der Prozess die Investition?» wollte Jürg Brändli, Berater für Public Management: Schliesslich gehe es nicht darum, bloss ein Zertifikat aufzuhängen, sondern dieses sei das Ergebnis eines Prozesses, einer Auseinandersetzung mit neuen Themen. Für seine Weiterbildung in Public Administration waren Alters- und Rentabilitätsfragen nebensächlich: «Ich habe mit 56 Jahren mein Diplom erhalten und würde es nochmals machen», betonte er. Schmunzelnd fügte er hinzu: «Und ob ich dieses ökonomisch noch einspiele, wird sich weisen.»