Auf neuen Wegen gegen die Malaria
Sie ist nach wie vor eine der bedeutendsten Infektionskrankheiten: die Malaria. Zellbiologen der Uni Bern und der ETH Lausanne haben einen Stoff entdeckt, der womöglich die Grundlage für neuartige Medikamente gegen den einzelligen Malaria-Erreger legen könnte.
Ein neuer, vielversprechender Ansatz im Kampf gegen die Malaria: Zellbiologen der Universität Bern und der ETH Lausanne haben herausgefunden, dass sogenannte Kinasen-Hemmer – Stoffe, die in der Krebsforschung eingesetzt werden – die Wirtszellen des Malaria-Erregers (Plasmodium) so modifizieren, dass sich der Erreger nicht mehr vermehren kann. Das kann im Vergleich zur Behandlung mit gängigen Medikamenten, die direkt an den einzelligen Plasmodien ansetzen, «ein riesiger Vorteil sein», wie Volker Heussler vom Institut für Zellbiologie der Uni Bern sagt: «Der Parasit schafft es, gegen Medikamente, die direkt in seinen Organismus eingreifen, resistent zu werden. Verändert sich aber das Milieu seiner Wirtszelle, dann kann er sich nicht mehr so schnell anpassen.» Die Studie über den inhibitorischen Effekt von Kinasen-Hemmern auf die Vermehrung der Malaria-Parasiten wurde soeben im Wissenschaftsjournal «Cellular Microbiology» publiziert.
Vermehrung des Parasiten gestoppt
Der Malaria-Erreger Plasmodium ist ein ausgesprochen cleverer Parasit: Der Einzeller nutzt nämlich dreist die Zellstrukturen seiner Wirtszelle, um sich im Körper eines Menschen oder eines Tieres auszubreiten und sich zu vermehren. Wie die Forschenden nun herausgefunden haben, braucht der Erreger für seine Vermehrung auch bestimmte Signalmoleküle sowohl in den Leberzellen, welche er nach einer Infektion zuerst befällt, als auch in den Blutzellen, über die er sich im zweiten Stadium verbreitet. Werden die Signalmoleküle durch die Kinasen-Hemmer gestoppt, dann breitet sich der Malaria-Erreger nicht mehr weiter aus. Eine Beobachtung, die das Forschungsteam in Aufruhr versetzt hat: «Das verspricht plötzlich einen Vorsprung im Wettlauf mit dem sich ständig anpassenden Parasiten», sagt Heussler.
Malaria – die vernachlässigte Krankheit
Klar – bis zum Einsatz wirksamer Medikamente bei einem mit Malaria infizierten Menschen dauert es noch einige Zeit: Der Betroffene ist ja nicht an Krebs, sondern an Malaria erkrankt, und die wirksamen Arzneistoffe müssen entsprechend modelliert und getestet werden. Dass ein Stoff aus der Krebsforschung womöglich am Anfang eines neuen Weges zur Bekämpfung der Malaria steht, sieht Volker Heussler positiv: «Die Malaria ist im Gegensatz zu Krebs eine vernachlässigte Krankheit.» Im Tropengürtel rund um den Globus, wo die Mücken mit dem Malaria-Erreger fliegen, gibt es kein lukratives Geschäft für Konzerne, die Medikamente entwickeln. «Umso besser wenn die Malariaforschung von der Krebsforschung profitieren kann», so der Berner Forscher.
Opfer sind meistens die Kinder
Malaria ist noch heute eine der bedeutendsten Infektionskrankheiten: Ein Drittel der ganzen Menschheit wird von ihr bedroht, jährlich infizieren sich 300 bis 500 Millionen Menschen mit einem der verschiedenen Plasmodium-Erregern. Die Todesrate liegt bei ein bis zwei Millionen Betroffenen pro Jahr – im Vergleich mit der enormen Infektionsrate nicht so hoch. Der Grund: Das Immunsystem erwachsener Menschen, die in den betroffenen Gebieten leben, kann durch die ständige Exposition in einem gewissen Mass mit einer Infektion umgehen. «Es sind vielmehr die Kinder, die sterben», sagt Heussler. Denn sie haben noch keine ausgereifte Immunabwehr, welche nötig ist, dem Malaria-Erreger so gut wie möglich die Stirn zu bieten.