So viele neue Ehrendoktoren wie noch nie
Zwölf Ehrendoktortitel und sieben weitere akademische Ehrungen: Die Universität Bern vergab an ihrer 177. Stiftungsfeier so viele Auszeichnungen wie noch nie. Am «Dies academicus» wurden im Kulturcasino die Gewürdigten im festlichen Rahmen geehrt.
Ein Höhepunkt am «Dies academicus» war die Verleihung der Ehrendoktortitel. In ihren Laudationes erläuterten die acht Dekane in feierlichen Talaren die Verdienste und den Werdegang der von ihrer Fakultät Gewürdigten. Anschliessend überreichten die Dekanin und ihre Kollegen den Geehrten die Urkunde zur Ehrendoktorwürde in einer festlichen roten Rolle. Dieses Jahr erhielten besonders viele Frauen und Männer aus dem In- und Ausland den Ehrendoktortitel – insgesamt zwölf Personen.
Die Uni Bern verleiht dieses Jahr zwölf Ehrendoktortitel. (Bilder: Manu Friederich)
Altertum – Entwicklungspolitik – Kriminologie
Die Theologische Fakultät verlieh Hannah M. Cotton einen Ehrendoktortitel, da die Historikerin und Philologin aus Israel alle Inschriften aus dem römischen und frühchristlichen Judäa zusammengetragen und publiziert hat. Durch ihre verlegerische Tätigkeit macht die Professorin die Geschichte des Heiligen Landes mit seiner ethnischen, religiösen und sprachlichen Vielfalt zwischen dem 4. Jh. v. Chr. und dem 7. Jh. n. Chr. lebendig. Die zweite Ehrendoktorwürde der Theologischen Fakultät erhielt Rudolf H. Strahm. Der langjährige Berner SP-Nationalrat und ehemalige Preisüberwacher engagiert sich seit über 40 Jahren auf vielfältige Art und Weise für gerechte Beziehungen zur «Dritten Welt». Er ist gemäss Laudatio eine «undogmatische und prophetische Stimme im Ringen um soziale, ökologische und ethische Spielregeln der globalisierten Wirtschaft».
Die Rechtswissenschaftliche Fakultät zeichnete den in Zürich geborenen Claudio Besozzi aus, der in Kanada als Privatgelehrter forscht. Der Soziologe und Sozialpsychologe beschäftigt sich mit verschiedenen Aspekten der Kriminalität und es gelingt ihm gemäss Laudatio, «die Funktionsweise des Rechts aus den Perspektiven der Soziologie, der Erkenntnistheorie, der Kunstgeschichte und der Literaturwissenschaft» zu analysieren. Die Rechtswissenschaftliche Fakultät würdigte mit dem Ehrendoktortitel auch Claudio Besozzis Lehrtätigkeit an der Universität Bern.
Makroökonomie – Nephrologie – Seltene Krankheiten
Die Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Fakultät ehrte den US-amerikanischen Ökonomen Thomas J. Sargent, der bedeutende makroökonomische Theorien aufgestellt und ihre Umsetzung in der Wirtschaftspolitik untersucht hat. Dem Wirtschaftsprofessor und Experten für Geldtheorie wurde 2011 der Wirtschaftsnobelpreis verliehen.
Die Medizinische Fakultät vergab dieses Jahr gleich zwei Ehrendoktortitel. Der eine ging an den US-Amerikaner Marshall D. Lindheimer, der unermüdlich gegen die Schwangerschaftsvergiftung kämpft – rund um den Globus. Der Medizinprofessor gilt gemäss Laudatio als «Vater der geburtshilflichen Nephrologie». Lindheimer pflegt seit den 1970er Jahren enge Kontakte zur Uni Bern und nicht zuletzt dank ihm hat sich Bern zum wichtigsten Präenklampsie-Zentrum der Schweiz entwickelt. Den zweiten Ehrendoktortitel der Medizinischen Fakultät erhielt der Fribourger Ingenieur und Physiker Jacques Rognon. Sein engagierter Einsatz gilt der Erforschung seltener Krankheiten und der Unterstützung betroffener Patienten. Rognon hat die Schweizerische Stiftung für die Erforschung der Muskelkrankheiten (SSEM) gegründet und präsidiert die Stiftung Telethon Aktion Schweiz (STAS). Rognon wurde für sein «aussergewöhnliches forschungspolitisches und soziales Engagement» gewürdigt.
Tiergesundheit – Nutztierkrankheiten – Kunst
Auch die Vetsuisse-Fakultät verlieh 2011 zwei Ehrendoktortitel: Der Tierarzt und Agrarwissenschaftler Gerhard Greif wurde geehrt für seinen wichtigen Beitrag zur Tiergesundheit und zur Darstellung der Veterinärmedizin in der europäischen Öffentlichkeit. Er ist Präsident der Tierärztlichen Hochschule Hannover und von seinen umfassenden Erfahrungen in Veterinärmedizin, Landwirtschaft und Industrie hat die Vetsuisse-Fakultät schon mehrfach profitiert. Die zweite Ehrendoktorwürde ging an Guy Hughes Palmer. Der Professor für Pathologie und Nutztierkrankheiten bekämpft mit seiner Forschung Krankheiten von Nutztieren – vor allem in Entwicklungsländern. Der US-Amerikaner hat die «School for Global Animal Health» gegründet, welche die Forschung im Bereich der Tiergesundheit sicherstellt und in Zusammenarbeit mit Institutionen in Afrika und Lateinamerika nachhaltig fördert.
Die Ehrendoktorwürde der Philosophisch-historischen Fakultät erhielt der Berner Künstler George J. Steinmann. Er ist ein Grenzgänger zwischen Kunst, Wissenschaft und Gesellschaft und verbindet naturwissenschaftliche und ästhetische Arten der Erkenntnis. Der ausgebildete Maler und Musiker Steinmann lässt laut Laudatio «komplexe Zusammenhänge in sozialen, ökonomischen und kulturellen Netzwerken sichtbar werden».
Der Festsaal im Kulturcasino ist voll besetzt.
Bildungspolitik – Sozialpsychologie – Bienenforschung
Er ist ein weitsichtiger Analytiker und Planer des schweizerischen Bildungswesens. Für seine bildungspolitischen Verdienste erhielt der in Luzern wohnhafte Moritz Arnet die Ehrendoktorwürde der Philosophisch-humanwissenschaftlichen Fakultät. Als Generalsekretär der Schweizerischen Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektoren hat der ausgebildete Anwalt dem Bildungswesen neue Impulse zur Koordination und Vereinheitlichung gegeben. Ein weiterer Ehrendoktortitel der Philosophisch-humanwissenschaftlichen Fakultät ging an Alice H. Eagly. Die US-amerikanische Sozialpsychologin untersucht, wie sich die Rollen von Mann und Frau entwickeln. Zudem hat sie gemäss Laudatio erklärt, «wie individuelle Kognitionsprozesse zur Herausbildung und Aufrechterhaltung sozialer Strukturen führen». Mit dem Ehrendoktortitel würdigte die Fakultät Eagly auch für die langjährige Zusammenarbeit mit dem Psychologischen Institut der Universität Bern.
Felix Amiet ist einer der wichtigsten Bienen- und Wespenspezialisten der Schweiz. Der ehemalige Sekundarlehrer und Schulleiter aus Solothurn hat seine Freizeit in den Dienst der Insektenkunde gestellt und so ein gemäss Laudatio «unverzichtbares Basiswerk für zukünftige Forschungsarbeiten an Wildbienen und Wespen» geschaffen. Dafür erhielt er die Ehrendoktorwürde der Philosophisch-naturwissenschaftlichen Fakultät.
Musikwissenshaft – Kognitive Psychologie – Rechtstheorie
Neben den Ehrendoktortiteln wurden am Dies academicus auch weitere hohe Auszeichnungen der Universität Bern verliehen.
Der Preis für den besten Nachwuchwissenschaftler, der Theodor-Kocher-Preis der Universität Bern, ging dieses Jahr an Arne Stollberg. Der deutsche Musikwissenschaftler wird für seine gemäss Laudatio «originelle und methodisch innovative Arbeit an der Schnittstelle von Musik-, Theater- und Literaturwissenschaft» geehrt. Stollbergs Forschung wirft ein neues Licht auf die Dramatisierung symphonischer Musik im 19. Jahrhundert, auf die Musik Richard Wagners und auf die Entstehung der Filmmusik aus der Tradition der Oper. Ausserdem hat der am Berner Institut für Musikwissenschaft tätige Stollberg wenig beachtete Aspekte der Musikgeschichte im 20. Jahrhundert untersucht und wegweisende Impulse gegeben.
Die Haller-Medaille verlieh die Universität Bern auf Antrag der Philosophisch-humanwissenschaftlichen Fakultät an Susanne Jäggi. Die Psychologin, die ihre Ausbildung an der Uni Bern absolviert hat, forscht im Bereich der kognitiven Psychologie und der kognitiven Neurowissenschaft. Ihre Arbeiten zu Intelligenz, Arbeitsgedächtnis und Plastizität bereichern auch den Wissensstand in anderen Gebieten. Die für ihre «hervorragenden wissenschaftlichen Leistungen» Geehrte tritt nächstes Jahr eine Stelle an der University of Maryland (USA) an.
Der Hans-Sigrist-Preis 2011 ging an Nicola Lacey. Die in Oxford tätige Professorin für Strafrecht und Rechtstheorie behandelt das Thema «Rechtsstaat und Spätmoderne» gemäss Laudatio «auf höchstem Niveau sowohl gesellschaftstheoretisch und historisch als auch empirisch und normativ». Ihre Forschungsschwerpunkte sind der Wandel der Funktionsweise rechtlicher Institutionen und der Erosionsprozess der Rechtsstaatlichkeit in der jüngsten Vergangenheit.
Umweltforschung – Alternsforschung – Chirurgie
Der Berner Umweltforschungspreis wird für disziplinäre und interdisziplinäre Forschung im Bereich Ökologie und Umweltwissenschaften an der Universität Bern verliehen. Dieses Jahr ging der Preis ex aequo an Tobias Haller und Loretta Müller. Der Aargauer Tobias Haller, der als Assistenzprofessor am Berner Institut für Sozialanthropologie tätig ist und den Schwerpunkt «Ökologische Anthropologie» leitet, wurde für seine massgebliche Arbeit am Sammelband «Disputing the Floodplains: Institutional Change and Politics of Resource Management in African Wetlands» gewürdigt. Seine Forschung zeigt einen Mittelweg zwischen allgemeiner Zugänglichkeit und Privatisierung von Ressourcen auf und liefert so Impulse für eine nachhaltige Entwicklungspolitik. Loretta Müller, derzeit mit einem SNF-Stipendium an der University of North Carolina in Chapel Hill (USA) tätig, wurde für ihre Berner Dissertation ausgezeichnet, welche die Auswirkungen von Scooter-Abgaben auf die menschliche Lunge untersucht. Die Baslerin hat dazu ein biologisches Abgas-Prüfsystem entwickelt, das für die Beurteilung neuer Fahrzeugtechniken auch in Zukunft eine wichtige Rolle spielen wird.
Erstmals wurde der Preis der Seniorenuniversität für Alternsforschung verliehen. Mit dieser Auszeichnung werden herausragende Abschlussarbeiten zur Alternsforschung ausgezeichnet, die an der Universität Bern erstellt worden sind. Dieses Jahr wurde Katrin Lehnert für ihre Dissertation geehrt, die den Zusammenhang von Sport und Wohlbefinden in der zweiten Lebenshälfte untersucht. Sie hat zudem ein Instrument entwickelt, um sportspezifische Ziele und Motive adäquater zu erfassen, als dies bisher möglich ist.
Den Credit Suisse Award for Best Teaching erhielt Matthias Widmer. Der Gefässchirurge hat hochwertige Lehrbücher und Unterlagen verfasst, setzt sich laut Laudatio neben seiner klinischen und wissenschaftlichen Tätigkeit mit «überdurchschnittlichem Engagement» für die Aus- und Weiterbildung der angehenden Herzchirurginnen und Gefässchirurgen ein und arbeitet tatkräftig an der Planung und Weiterentwicklung der Lehre mit.