Einmal richtig Theater machen
Jana Avanzini studiert im sechsten Semester Theaterwissenschaften in Bern. Daneben spielt sie seit 15 Jahren selbst Theater. Doch in Zukunft will die 24-Jährige nicht auf, sondern hinter der Bühne stehen. Den Grundstein dazu hat Jana Avanzini nun gelegt: Sie hat ihr erstes Stück selbst inszeniert.
Das Bühnenbild entwerfen, über die Besetzung der Rollen entscheiden, Kostümproben, die Maske bestimmen und mit Darstellern, von denen einige zum ersten Mal auf einer Bühne stehen, eine Rolle erarbeiten – ein krasser Gegensatz zum theoretischen Studium am Institut für Theaterwissenschaften an der Uni Bern. Dort stehen die Ästhetik des Figurentheaters, Produktionsdramaturgie oder Dramengeschichte auf dem Stundenplan. Jana Avanzini bewegt sich zwischen den beiden Welten. Sie studiert in Bern und hat im Januar mit der Jungmannschaft Hergiswil in Nidwalden an fünf Abenden einen Schwank aufgeführt.
Jungregisseurin Jana Avanzini (ganz rechts) mit dem Ensemble der Jungmannschaft Hergiswil. (Bild: Kurt Liembd/zvg)
Aus «One for the pot» wird «Drü mol Drü»
Das Dorftheater war Jana Avanzinis erste Inszenierung. Die grösste Herausforderung sei es gewesen, den Überblick über alle Aspekte der Aufführung zu behalten, sagt die 24-Jährige, denn bei der Jungregisseurin liefen alle Fäden zusammen. Leicht gefallen sei ihr hingegen die Stückauswahl. «Für mich war von Anfang an klar, dass es ein Lustspiel werden sollte», sagt Avanzini. Nach einigem Suchen stiess sie auf eine Dialektfassung von «One for the pot» von Ray Cooney und Tony Hilton. So kam das Hergiswiler Publikum in den Genuss der turbulenten Komödie «Drü mol Drü» in drei Akten rund um Erbschaften, Erpressung und die Liebe.
Auf der Hergiswiler Bühne ging es rund zu und her. (Bild: Kurt Liembd/zvg)
Laientheater auch in der Theorie
Das Laientheater steht auch im Zentrum von Avanzinis Bachelorarbeit. Im Herbst soll die Arbeit zur Geschichte und Begriffsklärung des Amateurtheaters fertig sein. Theorie und Praxis ergänzen sich bei der jungen Regisseurin bestens. Das ist ganz im Sinne des Instituts für Theaterwissenschaften – praktische Erfahrung im Theater- und Kulturbereich wird den Studierenden als Leistung ans Studium angerechnet. «Wir legen Wert auf den Praxisbezug. Die Lernenden sollen neben dem theoretischen Studium erfahren, wie die Arbeit an einem Theater in der Realität ist, und sie sollen das Gelernte anwenden», sagt die Studienberaterin Annina Beck. Auf Bachelor-Niveau können ECTS-Punkte in Form von Hospitanzen, Praktika oder eigenen Inszenierungen gesammelt werden.
Vom familiären Institut in die Praxis
Nach ihrer Bachelorarbeit ist für Jana Avanzini aber erst einmal Schluss mit ECTS-Punkte zählen: Die Jungregisseurin wagt den Sprung ins Berufsleben. Sie wird ihr Studium unterbrechen und auf Reisen gehen. «Im Anschluss werde ich versuchen, über eine Regieassistenz oder ein Praktikum zu einem festen Engagement zu kommen.» Sollte das nicht klappen, ist aber auch ein Master in Theaterwissenschaften ein Thema. Dafür würde Jana Avanzini ins Ausland gehen. Wohin, weiss sie noch nicht.
Den Bachelor in Bern würde sie sofort wieder machen: «Mir hat besonders die familiäre Atmosphäre am Institut gefallen», sagt Avanzini. Dass sich die Studenten die Praxiserfahrung ausserhalb des Studiums selber aneignen müssen, war für sie kein Problem. Im Sommer steht Jana Avanzini denn auch wieder auf der Bühne: Sie spielt an den Luzerner Freilichtspielen eine Freundin von Romeo, «eine ganz kleine Rolle», sagt sie. Eine etwas grössere übernimmt sie im Rahmenprogramm der Freilichtspiele. Mit anderen Jungen Leuten wird sie ein Programm zum Thema Liebe kreieren, das zwischen den Gängen des Galadiners aufgeführt wird.