Reiselustige erfahren zuwenig über nachhaltige Ferien

Nachhaltigkeit ist ein wichtiges Thema in der Tourismus-Branche, sie wird aber bisher dürftig kommuniziert. Das zeigt eine Studie des Forschungsinstitutes für Freizeit und Tourismus (FIF) der Uni Bern. Von den grossen Reiseveranstaltern in der Schweiz tut es Kuoni am besten.

Von Bettina Jakob 03. November 2011

Ob unter die Palmen am türkisfarbenen Meer oder mit dem Jeep auf Safari: Neben Erholung und Spass ist beim Ferienbuchen heute vermehrt die Nachhaltigkeit ein Kriterium der Wahl. Nachhaltigkeit ist in der Tourismus-Branche zum wichtigen Thema geworden. Eine Studie des Forschungsinstitutes für Freizeit und Tourismus (FIF) der Uni Bern zeigt nun, dass die Kundinnen und Kunden von den Reiseveranstaltern noch zu wenig Informationen für nachhaltige Ferien erhalten. Die Resultate der Untersuchung, die vom Arbeitskreis «tourismus & entwicklung» in Auftrag gegeben wurden, stellten nun Hansruedi Müller, Philipp Berger und Silvy Wismer vom FIF den Medien vor.


Die Kundschaft wird zuwenig über die Nachhaltigkeit der Angebote informiert. (Bild:istock)

Grosse Namen auf hinteren Rängen

Unter die Lupe genommen hatten die Forschenden sieben der führenden Schweizer Reiseanbieter sowie einen kleinen Tour-Operator als Referenzbetrieb für spezialisierte Nischenveranstalter. Das Resultat: Die Kuoni Group erhält als einzige von acht geprüften Reiseveranstalterinnen und -veranstaltern knapp ein «Sehr gut» für ihre Kommunikation über Nachhaltigkeit. Platz zwei nimmt der kleine Veranstalter Reise Service Imagine Bern ein, der sich mit einem knappen «Gut» für seine Informationen noch vor den Grossveranstaltern Hotelplan Suisse und TUI Suisse platziert. Bekannte Namen wie Globetrotter Travel Service, Knecht Reisen, Coop-ITS-Travel und STA Travel werden auf die hinteren Ränge verwiesen.

Die Frage: Wie verfügbar sind die Informationen?

Die Fragestellung der FIF-Studie: Was finden Reiselustige auf den Websites sowie in den Katalogen der Anbieter zum Thema Nachhaltigkeit, wie umfassend ist die Corporate Social Responsibility (CSR), also die unternehmerischen Sozial- und Umweltverantwortung der Reiseanbieter? Dazu wurden die Kommunikationsmittel von insgesamt acht Reiseunternehmen analysiert. Die Untersuchung fokussierte auf die Angebote in den Destinationen Thailand, Dominikanische Republik und Südafrika. Auf der Basis gängiger Kriterien für Nachhaltigkeitszertifizierungen wurden Indikatoren für die Bewertung definiert – wie etwa Ausbeutung von Kindern, Diskriminierungen, CO2 und Energie, Wasser, Abwasser und Abfall, Arbeitsbedingungen und Geschäftspraktiken.

Die Bewertung erfolgte aufgrund der Verfügbarkeit der Informationen, wie etwa die Prominenz und Optik der Darstellungen, und aufgrund der Qualität, die durch umfassende und spezifische Thematisierung charakterisiert ist. Die FIF-Forschenden stellen klar, dass sie lediglich untersuchten, wie die Reiseveranstalter über Nachhaltigkeit kommunizieren und nicht, inwiefern sie ihre Nachhaltigkeitsbemühungen tatsächlich umsetzten.

Websites sind besser als Kataloge

Wichtige Anliegen, wie der Schutz der Kinder vor sexueller Ausbeutung im Tourismus, werden gemäss FIF thematisiert und einzelne Massnahmen dazu von den Veranstaltern ausführlich dargestellt. Ebenso kommt der Klimaschutz aufs Tapet, unterbeleuchtet bleiben hingegen andere brennende Themen wie Artenschutz, faire Arbeitsbedingungen oder der Schutz vor Diskriminierung aufgrund von Geschlecht, Rasse, Religion oder Zugehörigkeit zu Minderheiten. Die Berner Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler stellten fest, dass die Websites der Veranstalter weit informativer sind als die Reisekataloge. Doch auch im Web sei es schwierig, einschlägige Infos zu finden.

Studie soll mithelfen, die Angebote zu verbessern

Grundsätzlich sei es erfreulich, dass alle untersuchten Veranstalter, die sich die Nachhaltigkeit auf ihre Fahnen schreiben, Bemühungen dazu eingeleitet hätten, schreibt das FIF. Insgesamt würden die Reisenden von den Veranstaltern aber noch wenig darüber erfahren, was konkret getan wird oder was sie selbst tun könnten. Gerade die mittelständischen Reiseveranstalter würden sich mit ihrem Nachhaltigkeitsengagement schwerer tun.

Das FIF will mit seiner Studie einen wertvollen Beitrag zur Nachhaltigkeit im Tourismus leisten – und zwar gleich in doppelter Hinsicht: «Erstens gibt sie Konsumentinnen und Konsumenten in der Schweiz erstmals darüber Aufschluss, bei welchem Veranstalter sie welche Tipps und Infos für nachhaltigere, verträglichere Ferien erhalten. Gleichzeitig bietet sie den Veranstaltern einen übersichtlichen Anforderungskatalog der wichtigsten Vorgaben für die Corporate Social Responsibility, anhand dessen sie ihr Angebot und ihre gesamte Unternehmensverantwortung überprüfen und verbessern können», schreibt die Studienleitung.