Uni Bern forscht für die Gleichstellung

Warum sind Mann und Frau noch immer nicht gleich gestellt? Ein neues Nationales Forschungsprogramm geht der (Nicht-)Gleichstellung der Geschlechter auf den Grund. Mit dabei sind zwei Projekte der Uni Bern.

Von Bettina Jakob 26. Januar 2011

Lisa will Schreinerin werden: Was bewegt die junge Frau dazu, einen Männerberuf zu wählen? Sind es persönliche Vorbilder wie etwa der Vater oder eher Erfahrungen im schulischen Unterricht? Diese Frage liegt dem Projekt von Walter Herzog vom Institut für Erziehungswissenschaft der Uni Bern zugrunde, welches im Rahmen des soeben gestarteten Nationalen Forschungsprogramms zur Gleichstellung der Geschlechter (NFP 60) durchgeführt wird. Herzogs Studie ist eines von 21 Projekten, mit denen die Wirkungen der bisherigen Gleichstellungsmassnahmen in der Schweiz kritisch beleuchtet werden. Das Forschungsprogramm soll zudem die Grundlage für eine «zukunftsorientierte Gleichstellungspolitik» legen, wie der Schweizerische Nationalfonds mitteilt.

Gezeichnete Männer und Frauen geben sich die Hand
Nach wie vor Wunschdenken: die Gleichstellung von Mann und Frau. Bild: istock

Berufswahl im Fokus

Statistische Daten belegen, dass Männer und Frauen nicht die gleichen Berufe wählen. Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik sind nach wie vor Männerdomänen. Warum sich schliesslich doch einige Frauen für einen für sie untypischen Beruf wie Physikerin oder Mechanikerin entscheiden, will das Forschungsteam um Walter Herzog mittels Fragebögen und Interviews von Jugendlichen aus Gymnasien und Berufsschulklassen herausfinden. Die oftmals für die Probleme im Gleichstellungsbereich herangezogene Erklärung, dass männliche beziehungsweise weibliche Vorbilder fehlten, soll mit dieser Studie beurteilt werden. Möglicherweise weisen die Ergebnisse schliesslich auf Massnahmen hin, die künftig in die Aus- und Weiterbildung der Lehrkräfte und die Gestaltung der Lehrmittel einfliessen können. Das Projekt ist auf zwei Jahre angesetzt und wird mit rund 300'000 Franken unterstützt.

Frauen sind nicht gleich Frauen

Die Problematik der Gleichstellung tritt auch in Bezug auf Geschlecht und Ethnizität zutage: Frauen erleben je nach Nationalität Benachteilungen am Arbeitsplatz. Um dagegen geeignete Massnahmen einzuleiten soll herausgefunden werden, wie diese Ungleichheiten überhaupt entstehen: Das ist das Ziel des zweiten Projekts der Universität Bern im Rahmen des NFP 60. Doris Wastl-Walter und Yvonne Riaño vom Geographischen Institut wollen mit einer quantitativen und qualitativen Studie die berufliche und universitäre Ausbildung von Schweizerinnen und Nicht-Schweizerinnen vergleichen. In die Befragungen werden auch die Partner des gleichen Haushalts miteinbezogen, um herauszufinden, wie sich die beruflichen Laufbahnen von Frau und Mann entwickelt haben. Aus den Resultaten sollen innovative Massnahmen für mehr Chancengleichheit auf dem Arbeitsmarkt geschaffen werden. Das dreijährige Projekt wird mit rund 320'000 Franken unterstützt.

Insgesamt acht Millionen für die Forschung

Das Nationale Forschungsprogramm «Gleichstellung der Geschlechter» soll in den kommenden Jahren fundiertes soziologisches, politik- und bildungswissenschaftliches, ökonomisches und psychologisches Wissen liefern und erklären, warum die Gleichstellung in vielen Bereichen noch nicht erreicht ist. Darauf basierend können Strategien entwickelt werden, um beispielweise das Potenzial von Frauen im Erwerbsleben besser zu nutzen oder Bildungs- und Berufsentscheidungen zu beeinflussen. Das NFP 60 soll «Reflexions- und Veränderungsprozesse mit dem Ziel der Chancengleichheit langfristig unterstützen», wie die Programmleitung mitteilt. Das Forschungsprogramm dauert bis 2013 und wird mit insgesamt acht Millionen Franken finanziert.

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