Neun Ehrendoktoren – von der Schriftstellerin bis zum Weltraumforscher

Neun Ehrendoktortitel und fünf akademische Preise: Die Universität Bern hat an ihrer 178. Stiftungsfeier zahlreiche Auszeichnungen vergeben. Im Kulturcasino wurden die Gewürdigten im festlichen Rahmen geehrt – unter ihnen die bekannte Schriftstellerin Eveline Hasler.

Von Sandra Flückiger 01. Dezember 2012

Ein Höhepunkt am «Dies academicus» war wie immer die Verleihung der Ehrendoktortitel. Nach ihren Laudationes, in denen die acht Dekane die Verdienste und den Werdegang der neuen Ehrendoktorinnen und Ehrendoktoren der Uni Bern erläutert hatten, überreichten sie den Geehrten die Urkunde in einer festlichen roten Rolle.


Die Universität Bern hat dieses Jahr neun Ehrendoktortitel verliehen. (Bilder: Manu Friederich)

Seelsorge – Finanzpolitik

Die Theologische Fakultät verleiht dem Pfarrer und Psychotherapeuten Willi Nafzger den Ehrendoktortitel, da er alle Menschen im Umfeld eines Verbrechens – Täter, Opfer sowie auch Personen, die im Strafvollzug arbeiten – in den Fokus seiner Arbeit gerückt hat. Der Gefängnisseelsorger, der sein Theologiestudium 1973 an der Uni Bern abschloss, hat den Weiterbildungsstudiengang «Seelsorge im Straf- und Massnahmenvollzug» an der Universität Bern mitbegründet und 20 Jahre mitgetragen. Er gilt gemäss Laudatio als «Humanisierer des Strafvollzugs».

Von der Rechtswissenschaftlichen Fakultät erhält Peter Siegenthaler die Würde eines «Doctor iuris honoris causa». Der ehemalige Direktor der Eidgenössischen Finanzverwaltung wurde als «umsichtiger und hartnäckiger Reformer der öffentlichen Finanzen» geehrt, zu seinen Projekten zählten die UBS-Rettung, die Schuldenbremse sowie die «Too big to fail»-Vorlage. Seit 2011 hat Siegenthaler an der Universität Bern einen Lehrauftrag für Finanzpolitik und Finanzmanagement.

Wirtschaftsinformatik – Ökonomie

Zwei Ehrendoktortitel vergibt dieses Jahr die Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Fakultät: Maureen O’Hara erhält die Würde eines «Doctor rerum oeconomicarum honoris causa». Die Ökonomin erforscht die Preisbildung und -entwicklung auf organisierten Märkten wie etwa Börsen. Ihre Forschung findet unmittelbare Anwendung in der Regulierung von Märkten. Als erste Frau überhaupt wurde O’Hara 2002 zur Präsidentin der American Finance Association gewählt.

Ebenfalls wird Rudy Hirschheim für seine Pionierarbeit in der Wirtschaftsinformatik geehrt. Der «Ourso Family Distinguished Professor of Information Systems» an der Louisiana State University habe entscheidend zur philosophischen, theoretischen und methodischen Fundierung der noch jungen Disziplin beigetragen.

Phlebologie – Morphologie

Albert-Adrien Ramelet ist einer der aktuell bekanntesten aktiv tätigen Spezialisten auf dem Gebiet der Gefässerkrankungen – der Phlebologie und der Angiologie. Er erhält von der Medizinischen Fakultät den Ehrendoktortitel. Der Waadtländer führt eine eigene Praxis in Lausanne, die als Ausbildungszentrum für ganze Generationen angehender Phlebologinnen und Phlebologen dient. Zudem ist er als Konsiliararzt an der Universitätsklinik für Dermatologie des Inselspitals angestellt.


Aufmerksam lauschte das Publikum den Laudationes, in denen die Dekane Verdienst und Werdegang der neuen Ehrendoktorinnen und Ehrendoktoren erläuterten.

Die Vetsuisse-Fakultät zeichnet den belgischen Wissenschaftler Paul Simoens aus, der die Entwicklung der Veterinär-Morphologie auf europäischer Ebene massgeblich geprägt und Massstäbe gesetzt hat. Der Veterinärmediziner beschäftigt sich insbesondere mit Gefässerkrankungen verschiedener Organe und ist mit seinen Modellen ein bedeutender Exponent der translationalen Medizin, die Tiermodelle in die Anwendung beim Mensch übersetzt.

Literatur – Kognitionspsychologie – Weltraumforschung

Die Schriftstellerin Eveline Hasler widmet ihre Bücher Aussenseitern und Totgeschwiegenen, wie beispielsweise der «Wachsflügelfrau» Emily Kempin-Spyri oder Anna Göldin, der «letzten Hexe». Die im Tessin lebende Glarnerin schreibt vor allem historische Romane, aber auch Lyrik, Kinderbücher, Kolumnen, Reportagen sowie Radio- und Zeitschriftenbeiträge. Die Philosophisch-historische Fakultät der Universität Bern verleiht Eveline Hasler die Ehrendoktorwürde als «literarische Anwältin, die in ihrem Werk an das Schicksal von recht- und heimatlosen Menschen in der Vergangenheit erinnert».

Von der Philosophisch-humanwissenschaftlichen Fakultät erhält Stephen M. Kosslyn die Ehrendoktorwürde dafür, dass er gemäss Laudatio «mit bahnbrechenden Arbeiten die Kognitionspsychologie geprägt und ihre Beziehung zu den Neurowissenschaften vorangetrieben hat». Bei der Erkundung dieser neuen Anwendungsfelder habe der Professor zudem grosse Verdienste im Brückenschlag zwischen Verhaltens-, Natur- und Ingenieurwissenschaften erworben.

Der Weltraumforschung hat Professor David Southwood seine gesamte wissenschaftliche Karriere gewidmet. Der weltweit anerkannte Experte für magnetische Felder von Planeten und Monden war an mehreren internationalen Weltraum-Missionen beteiligt. Dazu gehört auch die Kometen-Mission Rosetta, die das «derzeit umfangreichste wissenschaftliche Experiment der Schweiz» mitführt: Das an der Universität Bern entwickelte Massenspektrometer ROSINA. David Southwood wird von der Philosophisch-naturwissenschaftlichen Fakultät zudem als «loyaler Unterstützer» des International Space Science Institute Bern geehrt und mit der Ehrendoktorwürde ausgezeichnet.


Festlich in eine rote Rolle verpackt lagen die Urkunden für die Ehrendoktorinnen und Ehrendoktoren bereit.

Ingenieurswissenschaften – Physiologie

Neben den Ehrendoktortiteln wurden am Dies academicus auch weitere hohe Auszeichnungen der Universität Bern verliehen. Der mit 100’000 Franken dotierte Hans-Sigrist-Preis – die bedeutendste Ehrung der Universität Bern – geht an Stephen A. Boppart. Der Bliss Professor für Ingenieurwissenschaften und Direktor der «Strategic Initiative on Imaging» an der Illinois Universität ist einer der international renommiertesten und innovativsten Forscher auf dem diesjährigen Preisgebiet «Diagnostische Lasermedizin». Seine interdisziplinäre Forschung verbindet gemäss Laudatio auf eindrückliche Weise Ingenieurwissenschaften, Medizin und Biologie mit dem Ziel, krankhafte Gewebeveränderungen im Frühstadium zu diagnostizieren.

Der Preis für den besten Nachwuchswissenschaftler, der Theodor-Kocher-Preis der Universität Bern, geht dieses Jahr an den Berner Forscher Thomas Nevian, dem es gelang, mit neu entwickelten Mess- und Visualisierungsmethoden dünnste Verästelungen von Nervenzellen im Gehirn sichtbar zu machen und dort lokale elektrische Signalverarbeitungen nachzuweisen. Am Institut für Physiologie der Universität Bern untersucht der SNF-Förderprofessor, welche Veränderungen an Nervenzellen in der Grosshirnrinde zur Entstehung von chronischen Schmerzen führen.

Neu verliehen: der Dr. Lutz Zwillenberg-Preis

Erstmals verleiht die Universität Bern dieses Jahr den Dr. Lutz Zwillenberg-Preis, in Erinnerung an den 2011 verstorbenen Biologen Dr. Lutz O. Zwillenberg. Prämiert werden jährlich bis zu drei hervorragende wissenschaftliche Arbeiten aus dem Bereich der biologischen Wissenschaften. 2012 geht der Preis gleichermassen an drei Forschende: Peter Biedermann, ehemaliger PhD-Student am Institut für Ökologie und Evolution, konnte in seiner Dissertation zeigen, dass bei uns heimische Ambrosiakäfer hochsozial sind – Ergebnisse, die weltweit grosse Beachtung fanden.

Markus Geuking, Oberassistent am Departement für Klinische Forschung, fand heraus, dass regulatorischen T-Zellen – spezielle weisse Blutkörperchen – dafür sorgen, dass das Immunsystem des Darms nicht aktiv gegen harmlose Bakterien reagiert. Mascha Pusnik, ehemalige Postdoktorandin am Departement für Chemie und Biochemie, konnte gemäss Laudatio aufzeigen, dass Experimente mit exotischen Parasiten zu neuen Einsichten führen können, die generelle Bedeutung für die Evolution von komplexen Zellen haben.

Alternsforschung – Tierpathologie

Mit dem Preis der Seniorenuniversität für Alternsforschung werden herausragende Abschlussarbeiten zur Alternsforschung ausgezeichnet, die an der Universität Bern erstellt worden sind. Dieses Jahr wird der Preis gleichermassen verliehen an zwei Masterabsolventinnen: Die Rechtswissenschaftlerin Simone Germann hat sich in ihrer Abschlussarbeit mit der organisierten Suizidhilfe, die auch für ältere Menschen von höchster Bedeutung ist, auseinandergesetzt und untersucht, ob legislativer Handlungsbedarf besteht.

Die Theologin Melanie Werren hat in ihrer Masterarbeit die Vorstellungen zum Altern im Alten Testament aufgearbeitet und analysiert.

Den Credit Suisse Award for Best Teaching erhält Horst Posthaus. Der Dozent am Berner Institut für Tierpathologie begeistert laut Laudatio die Studierenden für sein Fachgebiet, beschreitet innovative Wege zur besseren Vermittlung der Fachinhalte und unterrichtet auf hohem Niveau und mit Humor.

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