Entstand der Mond durch einen Volltreffer?

Schneller und frontaler als vermutet könnte die Kollision zwischen Erde und dem Planeten «Theia» gewesen sein, aus welcher der Mond entstanden ist. Berner Forschende mischen mit ihrer Theorie die Weltraumforschung auf.

Von Bettina Jakob 30. August 2012

Die Entstehung des Mondes lief vielleicht etwas anders ab als bisher angenommen: Planetenforschende der Universität Bern zeigen, dass die Kollision der Erde mit dem Protoplaneten «Theia» vor rund 4,5 Milliarden Jahren – aus der schliesslich der Erdmond entstanden ist – wohl viel wuchtiger war als bisherige Theorien postulieren. Die neuen Hochrechnungen wurden jetzt im Wissenschaftsjournal «Icarus» publiziert. Willy Benz der Abteilung Weltraumforschung und Planetologie und des Center for Space and Habitability (CSH) der Universität Bern bestätigt: «Unsere Modelle liefern vielversprechende Resultate und helfen dabei, das sogenannte Mond-Paradox zu erklären.»


Die Erde kollidiert mit «Theia» (r.unten), aus dem Erdmantel (rot) werden Brocken herausgerissen. Die Trümmer aus der «Theia» (orange) fliegen zu einem grossen Teil gleich weg ins All. (Bild: Reufer, Uni Bern)

Der Mond ist der Erde ähnlich

Bis jetzt gingen die Weltraumforschenden davon aus, dass die beiden Planeten mit relativ niedriger Geschwindigkeit in einem relativ grossen Winkel zusammenprallten. Sie sahen dies als Voraussetzung dafür an, dass herausgeschlagene Trümmer überhaupt in der Erdumlaufbahn blieben – und sich in der Folge zum Mond zusammenfügten. Allerdings entstand aus diesen Theorien eben auch das «Mond-Paradox»: Bei einer solchen Kollision müsste nämlich der Mond aufgrund von Aufprallberechnungen vor allem aus Material von «Theia» entstanden sein.

Isotopenverteilungen einiger Elemente des Mondes, zum Beispiel Sauerstoff, weisen jedoch enorme Ähnlichkeiten mit denjenigen der Erde auf. Dass aber die Erde und «Theia» eine so ähnliche Geologie aufgewiesen hätten, schliessen die Forschenden aus – aufgrund der Unterschiede zwischen der Erde und anderen Himmelskörpern wie Mars und Asteroiden, für welche die Isotopenverteilungen gemessen worden sind.

Modell mit Frontalkollision

Die Berner Forschenden Willy Benz und Andreas Reufer präsentieren nun einen ersten Schritt zur Lösung dieses Problems: In ihren Modellen liessen sie Erde und «Theia» mit viel höherer Geschwindigkeit und frontaler zusammenprallen. Durch die Kollision wurden einerseits mehr Trümmer aus der Erde geschlagen und andererseits verschwand das zerschellte Material von «Theia» aufgrund der physikalischen Gesetze schneller in den Weiten des Alls.

«Damit wäre erklärt, warum sich der Mond vermutlich vor allem aus Erdmaterial geformt hat», erklärt Willy Benz das Szenario, das die Forschenden als «Hit-and-run-scenario» bezeichnen. Der Weltraumforscher fügt aber an, dass diese Theorie noch mit weiteren Studien gestützt werden muss, um die alte Kollisionstheorie endgültig abzulösen.

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