Wieder mehr Studierende – aber nicht mehr Geld
Rund 15'450 Studentinnen und Studenten starten ins Herbstsemester 2012. Das sind erneut mehr als letztes Jahr. Weniger erfreulich präsentiert sich die finanzielle Lage für die Uni Bern: Seit Jahren spart sie und hofft, dass der schwächelnde Kanton Bern seine Finanzplanung der nächsten vier Jahre einhält.
Wieder sind es mehr, aber langsam pendelt sich die Studierendenzahl der Uni Bern auf «hohem Niveau» ein, wie der Vizerektor Lehre, Bruno Moretti, an der Jahresmedienkonferenz sagte: Schätzungen zufolge werden im Herbstsemester etwa 15'450 Studierende an der Universität Bern immatrikuliert sein – also 0,5 Prozent mehr als 2011. Rund 4300 Studierende betreten zum ersten Mal die Unigebäude und damit verzeichnen die Erstsemestrigen einen Zuwachs von einem Prozent. Aus dem Ausland wechseln kaum mehr Studierende in die Aarestadt als im letzten Jahr, der Anteil liegt bei rund elf Prozent und ist gemäss Moretti im schweizweiten Vergleich eher tief. Ausnahmen sind mit 20 Prozent die spezialisierten Masterstudiengänge und PhD-Programme der Forschungsschwerpunkte: Der hohe Anteil sei hier ein gewünschter Effekt der Profilierung in der internationalen Forschung.
Rektor Martin Täuber, Verwaltungsdirektor Daniel Odermatt und Vizerektor Lehre, Bruno Moretti (v.l.) präsentieren die neusten Zahlen. (Bilder: Adrian Moser)
Besonders erfreulich ist für Moretti ebenfalls, dass zwei Drittel der Berner Bachelorabsolventinnen und -absolventen für ihr Masterstudium in Bern bleiben; nur 10 Prozent wandern an eine andere Uni ab. Gleichzeitig stammt ein Drittel der angehenden Masterstudierenden in Bern von anderen Universitäten. «Dies spricht für eine gute Qualität – trotz der Tatsache, dass wir den tiefsten Kantonsbeitrag pro Studierenden erhalten», so Moretti.
Freut sich insbesondere über den hohen Anteil an Masterstudierenden in Bern: Vizerektor Bruno Moretti.
Bern hat tiefsten Kantonsbeitrag
Und dieser Beitrag wird wohl in Zukunft kaum höher, wie Verwaltungsdirektor Daniel Odermatt in Aussicht stellte. Das Ausgabenmoratorium des Berner Regierungsrats betreffe die Universität zwar nur indirekt, aber die Universität spare ja schon seit Jahren – so konnte die Universität etwa den in ihrem Voranschlag 2012 erwarteten Verlust von 12 Millionen Franken um 5 bis 6 Millionen verbessern. Odermatt stellte klar, dass die kantonale Grundfinanzierung von heute rund 290 Millionen Franken mit der Entwicklung der Studierendenzahlen bei Weitem nicht Schritt halten konnte: Obwohl die Universität Bern seit 2000 rund 50 Prozent mehr Studierende betreue, sei der Kantonsbeitrag nahezu konstant geblieben.
«Sparen ist nicht per se gut oder schlecht», so der Verwaltungsdirektor. Er gab einfach zu bedenken, dass Sparmassnahmen bei immer mehr Studierenden und gleichbleibendem Kantonsbeitrag nicht nur einen negativen Effekt auf die Uni, sondern auch auf den Kanton habe. Denn der Kanton sei zwar der wichtigste Geldgeber, aber auch der grösste Nutzniesser der Universität. «Jeder Franken, den der Kanton in die Uni investiert, bringt sie ihm fünffach zurück», so Odermatt: über die Ausgaben der Uni Bern, welche zu 80 Prozent im Kanton getätigt werden, über die Ausgaben der Studierenden und schliesslich über die Konsumwirksamkeit dieser Ausgaben. Das ergibt gemäss Odermatts Rechnung eine Wertschöpfung, die mit rund 1.5 Milliarden Franken fünfmal den Kantonsbeitrag ausmacht.
Rechnet die Bedeutung der Universität für den Kanton Bern vor: Verwaltungsdirektor Daniel Odermatt.
Dozierende müssen entlastet werden
Der Erfolg der Universität Bern basiert nicht zuletzt auf der überdurchschnittlich hohen Einwerbung von Drittmitteln, die seit 2000 um 101 Prozent gewachsen ist. «Die Drittmittel geraten jedoch unter Druck, wenn bei weiter steigenden Studierendenzahlen die Dozierenden immer weniger Zeit für ihre Forschung und die Bewerbung um Fördermittel haben», betonte Daniel Odermatt an der Medienkonferenz.
Als Ausblick auf die kommenden Jahre zeichnet Odermatt zwei Szenarien: Entweder wird der Finanzplan des Regierungsrates für die nächsten vier Jahre beibehalten oder es kommt zu weiteren Einsparungen. Zu welchen denn, wollte SUB-Vertreter Dominik Fitze wissen. «Das kommt darauf an, wie substanziell die Kürzungen wären und wie schnell sie umgesetzt werden müssten», so Rektor Martin Täuber. Die Unileitung müsste sich inhaltliche Überlegungen machen und die Diskussion mit den Fakultäten und der Studierendenvertretung suchen. Bei drastischeren Einsparungen müsste wohl der Kanton darüber nachdenken, auch den Leistungsauftrag an die Uni anzupassen.
Will die Unviersität Bern weiterhin stark positionieren: Rektor Martin Täuber.
«Strategie 2012» wird überarbeitet
Rektor Martin Täuber stellte das Jahr 2012 unter den Titel «Übergänge»: Die neue Universitätsleitung hat sich etabliert und ist daran, den letzten Teil des neuen Universitätsgesetzes umzusetzen. Ausserdem hat sie den Startschuss für die Überarbeitung der «Strategie 2012» gegeben. «Radikal andere Wege werden wir allerdings nicht einschlagen», schickte Rektor Täuber voraus, die bisherigen Eckpfeiler wie das Bekenntnis zur Volluniversität, die international sichtbaren Forschungsschwerpunkte, die Nachwuchsförderung und die regionale Verankerung in der Hauptstadtregion sollen bestehen bleiben. Die Universitätsleitung überprüfe vor allem die Ausrichtung der wissenschaftlichen Schwerpunkte, die Qualitätssicherung und die Ziele bezüglich Gleichstellung und nachhaltiger Entwicklung.
Rektor Martin Täuber betonte im Weiteren die Bedeutung der Forschung für die Alma mater bernensis. Er erklärte die Ziele, die die Uni Bern verfolgt: Sie will weitere Nationale Forschungsschwerpunkte ebenso wie andere nationale und europäische Grants einwerben, ihren wissenschaftlichen Nachwuchs in Graduate Schools fördern und diesen bei seiner Forschung unterstützen. Wichtig ist der Uni Bern gemäss Täuber auch die Zusammenarbeit mit privaten Firmen und die Vermittlung der Forschung gegen aussen – wie etwa an der 2011 erstmals durchgeführten «Nacht der Forschung».
Die Lehre soll noch besser werden
Gleichzeitig unterstrich der Rektor die Wichtigkeit der Lehre – und die soll laut Vizerektor Bruno Moretti trotz hoher Studierendenzahlen noch besser werden: Eine Arbeitsgruppe prüft unter anderem Massnahmen wie neue Lehrmethoden oder den Einsatz von Podcasts und E-Learning. «Was schon gut ist, muss nicht geändert werden, aber dem Wunsch zum Besserwerden muss geholfen werden», fasste Moretti die Bestrebungen zur besseren Lehre zusammen.