Vom Segen einer starken Staatsverwaltung

Die Universität Bern bildet Kaderleute für die öffentliche Verwaltung aus und erforscht, wie sich der Staat am besten zum Wohl der Gesellschaft organisiert. Mit dem Kompetenzzentrum für Public Management (KPM) treten die Hauptstadt und ihre Universität stark auf – seit nun zehn Jahren.

Von Timm Eugster 14. September 2012

Was führte die Infochefin der Stadtpolizei Zürich, die Verwalterin der katholischen Pfarrei Murten, den Direktor der Eidgenössischen Finanzkontrolle und die Präsidentin des Obergerichts Zug zusammen mit 160 weiteren Gästen in die Aula der Universität Bern? Es war die Feier zum zehnjährigen Bestehen des Kompetenzzentrums für Public Management (KPM) vom 13. September. Einige der Gäste haben sich beim KPM das Rüstzeug für ihre Aufgabe im Dienst der Öffentlichkeit geholt, andere haben Forschungsresultate oder Dienstleistungen des Zentrums an der Schnittstelle von Recht, Ökonomie und Politikwissenschaften genutzt.


Die Crew und ihre Gäste: Die Professoren Reto Steiner und Adrian Ritz, Staatsschreiber Kurt Nuspliger, Rektor Martin Täuber, die Professoren Andreas Lienhard und Fritz Sager und ganz rechts Prof. Kenneth J. Meier von der Texas A&M University. (Fotos: Christoph Schütz)

«Wer hätte bei der Gründung des KPM gedacht, dass sich dieses Zentrum in zehn Jahren zu einer Institution mit eigenständigem Profil und nationaler wie internationaler Ausstrahlungskraft entwickeln würde…», eröffnete Andreas Lienhard im Namen der Geschäftsleitung die Jubiläumstagung. Und zählte die Highlights auf: Den Masterstudiengang in «Public Management and Policy» in Zusammenarbeit mit den Partneruniversitäten im Swiss Public Administration Network (SPAN), das eigene Doktorat in Verwaltungswissenschaften, das Weiterbildungsangebot mit einem «Executive Master of Public Administration» für das obere Verwaltungskader – und als Grundlage für die Lehre die Forschungsarbeit, die sich in bisher rund 40 Forschungsprojekten und nahezu 400 wissenschaftlichen Publikationen niedergeschlagen habe.

Die Verwaltung als Standortfaktor

Am Anfang der Erfolgsgeschichte stand eine schonungslose Analyse der Stärken und Schwächen des Standorts Bern und seiner Universität: Dies machte Rektor Martin Täuber in seiner Rede deutlich. Gerade das aktuelle QS-Hochschulranking habe wieder gezeigt, welche der kantonalen Schweizer Universitäten besonders gut abschneiden: «Jene, die von potenten Trägerkantonen finanziell stark unterstützt werden und jene, die in unmittelbarer Nachbarschaft mit einer ETH oder der Pharmaindustrie an starken Forschungsstandorten verankert sind.» Die Universitätsleitung habe sich deshalb die Frage gestellt, welchen Standortvorteil die Uni Bern ausnutzen und weiterentwickeln könnte, so Täuber: «Wir sind die Hauptstadt – also profilieren wir uns mit Verwaltungs- und Politikwissenschaften.» Mit dem Bekenntnis zur Hauptstadt-Universität wurde das KPM zum strategischen Profilierungsschwerpunkt.


Für Regierungsrat Bernhard Pulver verleiht das KPM der Hauptstadtregion wirtschaftlichen Schub.

Für Regierungsrat Bernhard Pulver ist das KPM ein wichtiger Grundstein, um die Wettbewerbsfähigkeit der nun offiziell gegründeten «Hauptstadtregion Schweiz» zu stärken. «In Bern fallen die Entscheide der nationalen Politik, hier wird der öffentliche Sektor gesteuert, hier konzentrieren sich politiknahe Dienstleitungen und Verbände», so Pulver: Das KPM nutze dieses Potenzial für Bildung und Forschung im Bereich der öffentlichen Verwaltung auf internationalem Spitzenniveau. Und nicht zuletzt profitiere auch der Kanton Bern von den Abgängern und der Expertise des KPM – etwa bei der Reform des Parlamentsrechts.

Forschung für die Praxis

Diesen praktischen Nutzen betonte auch Bundeskanzlerin Corina Casanova: «Die Beziehungen zwischen Bund und Universität Bern sind eng und vielfältig.» Von Bundesämtern über Gerichte bis zu parlamentarischen Aufsichtsgremien nähmen alle drei Staatsgewalten die Beratungsdienste in Anspruch. Besonders hob sie den gewichtigen Beitrag des KPM bei der Regierungs- und Verwaltungsreform des Bundes hervor, wobei sie bekannte, dass es sich dabei um eine «unendlich langsame» Reform handle. Doch die kleinen möglichen Schritte – etwa die wieder diskutierte Einführung von Staatssekretären zur Entlastung der Bundesrätinnen oder eines eigenen, Kontinuität garantierenden Dienstes für die wechselnden Bundespräsidenten – seien Fortschritte. Die Schweiz dürfe aber auch stolz sein auf ihre schlanke und gute Verwaltung, um die man uns im Ausland beneide, betonte Casanova.


Bundeskanzlerin Corina Casanova überbringt die Grüsse des Bundesrats und lobt den praktischen Nutzen der KPM-Forschung.

Dieses Votum aufnehmend, erklärte der Berner Staatsschreiber Kurt Nuspliger: «Es gibt einen direkten Zusammenhang zwischen der guten Verwaltung und der Wettbewerbsfähigkeit der Schweiz.» So habe der Zusammenbruch der UBS mit existenzbedrohenden Folgen dank einer kurzfristig entworfenen Notverordnung verhindert werden können – «eine Meisterleistung der Bundesverwaltung», so Nuspliger. Parlamente müssten deshalb ein Interesse an einer qualitativ guten Verwaltung haben, schrieb Nuspliger den Politikern ins Stammbuch. Die Herausforderungen seien zahlreich, mahnte er. So könne etwa die Ökonomisierung im Zuge der wirkungsorientierten Verwaltungsführung dazu führen, dass billigere Lösungen favorisiert würden und die Leistungen in den Hintergrund rückten.


Für Staatsschreiber Kurt Nuspliger verdankt die Schweiz ihre hohe Wettbewerbsfähigkeit auch der guten Verwaltung.

Demokratie braucht Bürokratie

Dass Demokratie und Bürokratie keine Gegensätze seien, betonte der Gast aus den USA: Für Kenneth J. Meier, Professor an der Texas A&M University, müssen beide stark sein für eine funktionierende Staatsführung in einer modernen Gesellschaft. Internationale Forschungsarbeiten stellten die Forderung nach dem schlanken Staat in Frage: «In Grossbritannien etwa konnten Gemeinden mit genügend Management-Kapazitäten die unerwartet hohe Einwanderung im Zuge der Personenfreizügigkeit meistern, während die anderen ihre Dienstleistungen nicht ohne Qualitätseinbussen aufrecht erhalten konnten.» Indem das KPM zu einer wirksamen Verwaltungsführung beitrage, stärke es die Demokratie.

Oder in den Worten von Staatsschreiber Nuspliger: «Wenn die richtigen Leute die richtigen Schlüsse aus den Erkenntnissen des KPM ziehen, steht dem wichtigsten Kanton der Schweiz eine neue Blütezeit bevor.»

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