Landnahmen überwachen
Private und staatliche Investoren aus Schwellenländern – aber auch westliche Hedgefonds – kaufen Ackerland in armen Ländern, um sich Nahrungsmittel zu sichern. Eine Online-Datenbank dokumentiert neu diese Käufe. Das Center for Development and Environment CDE der Universität Bern ist beteiligt.
Transnationale Landnahmen (Englisch: land grabbing) durch Grossinvestoren sind ein globales Phänomen. Bislang blieben allerdings der Umfang und die Investoren dieser grossflächigen Landkäufe häufig im Dunkeln. Das Projekt «Land Matrix», eine öffentlich zugängliche Online-Datenbank, schafft hier Transparenz: «Mit wenigen Klicks gibt <Land Matrix> Antworten auf Fragen wie: Wer investiert wo und warum?», beschreibt Peter Messerli vom CDE die Vorzüge. Erfasst werden nur Akquisitionen von einer Grösse über 200 Hektaren.
Large scale versus traditionelle Landwirtschaft am Fusse des Mount Kenya. Bild: Urs Wiesmann
Mit der Website erscheint zeitgleich eine erste Analyse der Daten. Der Forschungsbericht widmet sich der Untersuchung von Landkäufen in südlichen Gebieten und in Osteuropa. Dabei zeigt sich, dass die untersuchten Landerwerbe vorwiegend in ärmeren Ländern und insbesondere auf dem afrikanischen Kontinent (62 Prozent aller 1217 untersuchten Landnahmen) stattfinden. «Der Erwerb von Land findet oft in Regionen mit hoher Bevölkerungsdichte statt», erläutert Markus Giger vom CDE: «Das Land liegt nicht brach.»
Soziale Konflikte wahrscheinlich
Dabei werden Länder mit geringer Einbindung in die Weltwirtschaft von Investoren bevorzugt. Typischerweise stehen Länder im Vordergrund, in denen Besitzrechte auf Grund institutioneller Schwächen nur unzureichend durchgesetzt werden und die trotzdem starken Schutz für Investoren bieten. Landnahmen finden vor allem in gut erreichbaren, relativ dicht besiedelten Gebieten statt. Da mit 45 Prozent knapp die Hälfte aller Landnahmen in Gebieten mit kleinräumigen Landwirtschaftsstrukturen stattfinden, sind Konflikte mit der lokalen Bevölkerung sehr wahrscheinlich. Zwei Drittel aller internationalen Landinvestitionen werden zudem in Ländern getätigt, deren Bevölkerung stark unter Hunger leidet.
Neben den sozioökonomischen Konsequenzen ist auch mit ökologischen Auswirkungen zu rechnen: Ein Viertel der Landerwerbe betreffen bewaldetes Gebiet. Den Schätzungen des Berichts zufolge wird der lokale Wasserverbrauch durch die geplante, intensive Nutzung der Böden um über 12 Prozent ansteigen.
Der Forschungsbericht dient als Ergänzung zur Online-Datenbank. Er bietet Hintergrundinformationen und illustrative Beispiele zu den Geschäftspraktiken. Weitere Berichte sollen in regelmässigen Abständen folgen. Das Projekt «Land Matrix» wird von einer breiten, international zusammengesetzten Partnerschaft unterhalten, zu der neben dem CDE und der International Land Coalition ILC Partner aus Frankreich und Deutschland gehören.